Nur die Geschichte zählt!


Horst Hermann von Allwörden referiert auf dem Zauberspiegel über Selfpublisher. Jetzt sind in dem Artikel viele interessante Aspekte und Sichtweisen beschrieben, aber ein wenig bleibt mir da auf der Strecke und das nehme ich mal als Grund einzuhaken.


Jeder verurteilt Schubladen, so kommt es einem in der phantastischen Öffentlichkeit vor, aber jeder hat sie verinnerlicht. SF, Fantasy, Horror, wer mag kann auch noch weiter unterscheiden und nimmt beliebige Teilgenres wie Steampunk, Cyberpunk, Splatter, Schwert und Magie oder was einem gerade unterkommt oder was Hip ist.
Der SF Fan spricht von Diskriminierung seines Genres, urteilt aber auf selbe Art und Weise über Horror oder Fantasy und umgekehrt ist es auch nicht anders.
Wenn ein Werk gefallen findet, wird es vereinnahmt, missfällt es, ausgeschlossen. Ja, ja, nur die Geschichte zählt...



Es gibt aber auch noch andere Schubladen. Verlage sind da ein gutes Beispiel. Kleinverlage sind (oder waren?) in den Augen der etablierten Großverlage nichts wert und wurden nicht für voll, sprich als Verlag genommen. Autoren, die dort veröffentlicht haben, wurden als gebrandmarkt gesehen. Literaturpreise haben Kleinverlage möglichst ausgeschlossen oder benachteiligt (ob das jetzt stimmt lassen wir mal dahingestellt, aber so wurde es oft dargestellt). Viele sagen auch, die Fanzines von gestern sind die Kleinverlage von heute.
Die Kleinverlage wurden dann von den DKZ Verlagen (DKZ = Druckkostenzuschuss) als Buhmann abgelöst. Ja, ja, nur die Geschichte zählt...
Aktuell, und das ist der Aufhänger der Zauberspiegel Kolumne, bauen sich SP (=Self Publisher) eine eigene Schublade. Laut ihrer Aussage werden sie per se ausgeschlossen, Verlage brandmarken jetzt SPler und generell suhlen sich die Self Publisher in der Opferrolle. Sozusagen die Türken der Phantastik, wenn man das grassierende Vorurteil mal aufgreifen darf. Ja, ja, nur die Geschichte zählt...


Es gibt aber natürlich auch noch andere Schubladen, die haben nichts mit der Verlagsart zu tun sondern mit der Veröffentlichungsform. Der Philip K. Dick Award wurde für Bücher geschaffen, die zuerst als Taschenbuch erschienen. Diese wurden gebrandmarkt, denn ein anständiger Autor veröffentlicht natürlich ein gebundenes Buch, Taschenbücher sind des Teufels. Die Taschenbücher von gestern sind die E-Books von heute und Onlineveröffentlichungen sind ja sowieso minderwertig.
Und es gibt noch die Fanzines, einfach gemachte Hefte, unabhängig vom Inhalt. In gleicher Aufmachung, also Handgemacht, gibt es aber auch Kleinverlagsprodukte, im Gegensatz zu professionell wirkenden Erzeugnissen, deren Inhalt man früher in Fanzines erwartet hätte.
Ja, ja, nur die Geschichte zählt...


Das Fandom ist ein ominöser Begriff. Letztendlich wähnt sich jeder, der Fandom als etwas negatives sieht, außerhalb dessen. Dabei ist Fandom jetzt nicht wie ein Taubenzüchterverein, bei dem man Mitglied ist und wo man austritt, möchte man nicht mehr zugehören. Fandom ist eine unbestimmte Masse an Personen. Das können Fans sein (ein sehr schwammiger Begriff wie ich finde), das können Leser sein, Kleinverleger, SPler, Autoren, Grafiker, Nerds, etc.
Fandom ist also eher ein Synonym als etwas bestimmtes. Manche, die vielleicht aus einer anderen Richtung kommen, nennen es Szene. Wenn die Szene IN ist, will man dazugehören, ansonsten distanziert man sich, wie sollte es anders sein.
Es gibt auch die SPler, die sind schon definierter, weil sie ja etwa eint. Sie veröffentlichen selbst. Aber das macht ein Eigenverlag auch. Dazu sind die meisten SPler eine eigene Gruppe, die nennt sich Hybride. Ein Hybride ist laut SP Definition ein SPler, der auch Verlagsautor ist. Verlagsautor scheint dabei jemand zu sein, der bei irgendeinem Verlag veröffentlicht, ganz ohne Einschränkung.

Man sieht, es gibt eine Vielzahl von Schubladen. Manche haben die Jahrzehnte überdauert, manche sind noch frisch und formbar. Aber Schubladen sind natürlich ein probates Mittel sich abzugrenzen gegen die große Masse. Und wenn einem die Schublade zu eng wird, dann kommt die Offenbarung und der Autor/Verlag will dann natürlich weder dem Genre noch dem Fandom geschweige denn dem SPler angehörig sein.
Er oder sie ist ja dann mehr.
Ja, ja, nur die Geschichte zählt...


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