Christian Montillon (Interview)
Das Interview ist aus Phase X8 - Phantastische Ermittler (Sommer 2011). Die Übersicht der Phase X Ausgaben finden sich hier.
Michael Schmidt: Hallo Christian Montillon. Stell
dich doch den Lesern mal vor.
CHRISTIAN MONTILLON: Tja, was
soll ich groß sagen. Ich bin verheiratet, habe drei Kinder (meine besten Veröffentlichungen), außerdem etwa 100 Romane
geschrieben ... ha! Während meiner Promotion im altehrwürdigen gelehrten Fach "Deutsche Philologie" habe ich zu
schreiben begonnen - im Heftroman, weil ich ein riesengroßer Heftromanleser war. Zunächst beim Zaubermond-Verlag
(wo ich immer noch gerne und viel veröffentliche), auch bei diversen Bastei-Heftromanserien und bald bei PERRY
RHODAN, was dann rasch zu meiner Hauptarbeit wurde. In 2012/13 wird man auch an
anderer Stelle von mir hören; die oben erwähnten Kinder brachten mich auf die Idee, doch auch mal im
Kinderroman-Sektor etwas zu versuchen. Da ist einiges leider noch nicht
spruchreif, aber bereits vertraglich besiegelt.
Michael Schmidt: Das Thema unserer Ausgabe heißt »Phantastische
Ermittler«. 1968 betrat Larry Brent die Bühne, eine Art übersinnlicher James Bond.
Erzähle uns doch mal dein Verhältnis zu Larry Brent. Wann gab es die erste
Begegnung?
CHRISTIAN
MONTILLON: Larry Brent war für mich immer Kult - ich bin im zarten Alter von
vielleicht 11 oder 12 den genialen Europa-Hörspielen begegnet (Larry und
Macabros gleichermaßen) und habe diese seitdem jeweils 100 mal gehört oder so.
Heute noch dudeln sie manchmal während Autofahrten (wenn ich alleine durch die
Gegend sause). Damals gab es die eigene Larry-Brent-Heftromanserie noch am
Kiosk, ich hab da immer wieder zugeschlagen, aber nie alle regelmäßig gekauft.
Wieso, verstehe ich heute nicht mehr. Das waren immer die besonderen Hefte für
mich.
Nun, die Hörspiele und Romane haben mich nicht verdorben, hoffe ich
zumindest.
Michael Schmidt: Wie stehst du zu Dan Shocker und was
hast du mit den neuen Romanen zu tun?
CHRISTIAN
MONTILLON: Dan Shocker der Autor war ein Held für
mich ... dass ich ihn später zu Hause besuchen
und von Kollege zu Kollege plaudern würde,
hätte ich nie für
möglich gehalten. Er war ein herzlicher,
freundlicher, zuvorkommender Mensch, der trotz schwerster Krankheit unglaublich
positiv geblieben ist. Und er hatte eine einmalige (wenn auch heute in mancher
stilistischer Hinsicht etwas antiquiert wirkende) Art zu schreiben - die exakt
das war, was der Heftroman damals brachte; gepaart mit unfassbarer Fantasie.
Seine
Storys sind Großteils immer noch zeitlos - nicht
umsonst gibt es stets Neuauflagen, neue Hörspiele,
Fortschreibungen der Serien.
Die
neuen Larry-Brent-Romane im Blitz-Verlag - nun, was ich damit zu tun habe, ist
leicht gesagt. Ich habe zwei davon selbst geschrieben. Zuerst stand da aber ein
Hintergrundbuch zur Serie (Das Geheimnis
der PSA), das bei Blitz erschienen und auch noch erhältlich
ist. Darin ist eine Menge einmaliges Originalmaterial aus Dan Shockers Archiven
abgedruckt, Exposés, Serienpläne,
alte nie erschienene Leserseiten...
Danach
kam die Idee, ich müsse doch auch mal
einen Roman schreiben zur Serie ... "Marmortod" ist's geworden, ein
Band, der einige Grundlagen legt, Altes erklärt
und für die Serienhandlung absolut relevant
ist - etwas, das mir bei vielen der neuen Romane einfach fehlte. Auch habe ich
versucht, das alte Dan-Shocker-Flair genau einzufangen und habe in diesem Roman
völlig anders geschrieben, als ich sonst
schreibe. Ich denke, es ist fast so, als würde
man einen "echten" Shocker aufschlagen. Fehlt nur das Garantie-Siegel
des Zauberkreis-Verlags ;-)
Michael Schmidt: Ein weiterer Held von
Dan Shocker ist Björn Hellmark aus der Serie Macabros. Statt
Geheimagentenmilieu der Schritt hin zur Fantasy. Wo siehst du die großen
Unterschiede zwischen den beiden Serien?
CHRISTIAN MONTILLON: Wie du schon
sagtest - Macabros entwickelte sich von Horror zu Fantasy und legte damit
Grundsteine in einer Zeit, in der es so etwas in Deutschland nicht gab.
Zumindest in dieser Art und Weise nicht. Außerdem wurde Macabros zyklisch durch
und durch, nachdem die ersten Romane erschienen waren. Das machte für mich
stets den Reiz aus, der die Sache noch einmal besser machte als Larry Brent.
Dort war es (lange Zeit) immer pseudowissenschaftlich ... Macabros war gleich
ganz anders. Fremde Welten öffneten sich, bizarre und geniale Zusammenhänge ...
wenn man als Autor versucht, zu verstehen, wie Dan Shocker schrieb, kann man
sehr viel Intuition sehen und eine fast schon geniale Art der
Hintergrundverknüpfungen aus einem Moment/Effekt heraus. Gespräche, die ich mit
ihm führte, bestätigen diesen Eindruck.
Michael Schmidt: Larry Brent erscheint
als Neuauflage und Fortsetzung beim Blitz Verlag von Jörg Kaegelmann; Macabros
erscheint dort auch als Neudruck, während die neuen Romane bei Zaubermond
erscheinen. Erzähle doch mal, wie es zu der Zusammenarbeit kam.
CHRISTIAN MONTILLON: Zu Blitz habe ich
oben schon etwas gesagt - Das Geheimnis
der PSA hätte mein erstes eigenes Buch werden sollen, die Idee reifte, als
ich das Archivmaterial aus Dan Shockers Brief zog, den er an mich sandte.
Macabros, nun, ganz einfach: mit Zaubermond arbeite ich schon sehr lange, und
sowohl der Zaubermond-Besitzer Dennis Ehrhardt als auch ich sind irgendwie
verrückte Macabros-Fans, es hat unsere Jugend geprägt, wir können die Kassetten
auswendig zitieren :-). Zaubermond ist auf Fortschreibungen von alten
Heftromanserien quasi spezialisiert, was lag da näher, als auch Macabros neu zu
starten? Es ist für uns beide ein Herzensprojekt, und Dan Shocker hat kurz vor
seinem Tod die Sache noch angestoßen.
Michael Schmidt: Ein
weiterer »Phantastischer Ermittler« ist Dorian Hunter aus der Serie
Dämonenkiller. Auch dort schreibst du mit, die Romane erscheinen als gebundenes
Buch bei Zaubermond. Wie kam es zur Mitarbeit und was bedeutet dir Dorian
Hunter?
CHRISTIAN MONTILLON: Bei Coco Zamis,
dem Spinoff von Dorian Hunter, habe ich meinen ersten Roman veröffentlicht. Das
ist etwas, das man nie vergisst. Bei Hunter selbst stieg ich dann auch ein, die
Fortschreibung lief zu der Zeit längst und gut etabliert. Inzwischen verfasse
ich die Exposés für Dorian Hunter, führe das Autorenteam und bestimme so die
Richtung der Serie. Das ist sehr schick, zumal wir harmonisch zusammenarbeiten
und ich da auf engagierte, begeisterte Leute zurückgreifen kann - alte
Serienkenner wie auch "junges Blut". Auf seine Art war Hunter stets
etwas Einmaliges. Und das ist es hoffentlich immer noch. Gerade konzipiere ich
den neuen Zyklus nach Band 28.
Michael Schmidt: Dorian Hunter ist
Reporter, seine Gefährtin Coco Zamis dagegen eine Hexe. Was macht das besondere
Flair des Dämonenkillers aus und welche Unterschiede siehst du zu Larry Brent
und Macabros?
CHRISTIAN MONTILLON: Dorian Hunter ist
radikaler, zugleich "ehrlicher" im Sinne von ... realitätsnaher (man
verstehe das richtig), geht weiter. Den Reiz erhält die Serie zudem durch die
Vergangenheitsabenteuer, die stets wichtig waren und auch bleiben - historische
Anteile, die den Charakter Dorian Hunter bestimmen, der stets wiedergeboren
wurde aufgrund eines schrecklichen Schicksals. Den besonderen Reiz gewinnt die
Gesamtserie aktuell auch - finde ich - durch die genialen Hörspiele aus dem
Hause Zaubermond.
Michael Schmidt: Auch bei Zamorra
schreibst du mit. Seit wann eigentlich und gibt es bei der Serie Unterschiede
zu den anderen dreien?
CHRISTIAN MONTILLON: Meine Mitarbeit
bei Zamorra ist eigentlich beendet, ich gebe nur hin und wieder in den
Hardcovern ein kleines Gastspiel. Aber ich habe die Heftserie ein Jahr lang
oder so maßgeblich geprägt, gemeinsam mit Volker Krämer und Christian Schwarz
vor allem. Eine tolle Zeit, in der ich meinen eigenen Zyklus bastelte, um die
Quelle des Lebens und den Auserwählten Andrew Millings.
Zamorra
ist schon "äußerlich"
ganz anders: er erscheint immer noch als Heftroman am Kiosk :-). Das macht die
Serie, hm, lebendiger, aktueller. Sie ist Fantasy, Grusel, SF, ein schräger
Mix bisweilen. Aber wie gesagt, ich arbeite dort kaum noch mit, wenn ich auch
einige gute Autorenfreunde dort weiß.
(Grüßt euch)
Michael Schmidt: Am erfolgreichsten auf
dem Heftromanmarkt der »Phantastischen Ermittler« war wohl John Sinclair. Wie
bewertest du diesen Erfolg? Und warum war gerade Sinclair erfolgreich?
CHRISTIAN MONTILLON: Der Erfolg ist
gigantisch gewesen, ein Wegbereiter für viele anderen. Wieso gerade JS? Das
weiß ich nicht, gebe ich zu. Wobei man so etwas wie "Tony Ballard",
der hier noch gar nicht erwähnt wurde, nicht vergessen darf. A. F. Morland hat
die Serie damals auf eigenen Wunsch hin eingestellt und mittlerweile satte 50
neue Romane dazu geschrieben, die noch immer begeistert aufgenommen werden.
Einfach nicht totzukriegen, sowas. (Und ja, um das Sinclair-Thema hab ich mich
trefflich herumgemogelt, weil ich dazu einfach kaum etwas sagen kann.)
Michael Schmidt: Seit 1968 ist viel
Wasser den Rhein herunter geflossen und Larry Brent hat viele Nachfolger
bekommen. Welche findest du, neben den schon erwähnten, besonders bemerkenswert?
Würde dich persönlich eine Figur als Autor reizen? Und gab es auch Tiefpunkte?
CHRISTIAN MONTILLON: Tja, um gleich
meine vorige Antwort noch einmal aufzugreifen: Tony Ballard ist sicher
bemerkenswert. Zumal er die ... authentischste Fortsetzung hat, die man sich
nur vorstellen kann: damals wurde die Serie allein von A. F. Morland alias
Fritz Tenkrat geschrieben, heute genauso, und AFM ist immer noch
unverwechselbar AFM.
Die
Serie war und ist unglaublich beliebt, AFM ist für
mich DER Heftroman-Autor aus der "Gruselzeit", der viel und süffig
schreiben konnte, und heute kann er es noch genauso. Ich habe ihn einige Male
getroffen, und das war immer sehr schön.
Tony Ballard hebt sich nicht durch besondere Raffinesse oder ausgefeilte
Stilistik ab - aber durch eine Süffigkeit,
eine gewisse, hm, Einfachheit (nicht negativ gemeint) und coole Figuren. Trash
eben, aber das soll es auch sein, ist gar nicht negativ gemeint. Ich sehe z.B.
meinen oben erwähnten "Marmortod" auch als
Trash an, (das genial collagierte Titelbild genauso), aber das soll genauso
sein. Auch Tony muss so sein wie Tony eben ist.
Tiefpunkte,
ja, aber decken wir den Mantel des Schweigens darüber.
Michael Schmidt: Wie siehst du die
Zukunft der »Phantastischen Ermittler«? Weiterhin alles beim Alten oder wird es
auch wieder komplett neue Helden geben?
CHRISTIAN MONTILLON: Diese Art des
"Heftromanermittlers" hat seine Hochzeit überlebt, denke ich. Die
Form wechselt, auch hin zu Liebhaber-Ausgaben im Hardcover etc ... inhaltlich
ist das Bedürfnis ungebrochen da, aber es finden sich neue Formen. Komplett
neue Helden in diesem alten Stil und in alter Form wird es wohl nicht geben ---
aber in Form von Fantasy-Taschenbuchzyklen existiert grundlegend dasselbe, das
aber in unsere Zeit transformiert ist.
Es
ist auch die Frage, wie wir den "phantastischen Ermittler" definieren
wollen. Sind z.B. auch Justus, Peter und Bob solche? Obwohl im
Kinder/Jugendbuch samt Hörspiel, obwohl selbst
Kinder/Jugendliche, obwohl keine "echte" Phantastik, aber mal
ehrlich, könnte man diesen Pseudo-Mystik-Aspekt
aus der Serie wegdenken?
Finden
wir diese Art Ermittler nicht längst höchst
erfolgreich in den aktuellen Fernsehserien, wo sie einfach das Medium
gewechselt haben und anders ihre Geschichten erzählen?
(Supernatural sei ein Beispiel, das perfekt passt - das sind exakt die
phantastischen Ermittler, von denen wir reden.)
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