Kurze Schwemme

Ja, allerseits hört man, das einzige, was geht sind dicke Wälzer. Romane ab 1000 Seiten, möglichst der erste Teil einer lang anhaltenden Serien.

Kurzes ist out.

Doch in der Kleinverlagsszene ist dies anders. Dort sind die Kurzen an der Macht. In Novellenform brachte aktuell gerade p.machinery drei Bücher heraus und schon Band 14 der Reihe. Zeitgleich die kurze Huldigung von Sherlock Homes im Doppelpack, im selben Verlag erschien vor kurzem Wicked. Wem das noch nicht reicht, der findet im Shayol Verlag Ghost Rider von Andreas Gruber, NOVA 17 ist ebenfalls noch frisch und kaum ein halbes Jahr auf dem Markt. Bis Sommer müssen sich die Wurdack Fans noch gedulden, dann kommt Emotio.

Alisha Biondas Vorschau zeigt ebenfalls diverse Anthologien, dazu kommen ein paar eBooks auf fantasia, hier mal der Horrorüberblick. Die SF Liste wächst, auch wenn sie noch nicht auf Stand ist.

Dazu kommen noch mindestens fünf Kurze, von denen ich weiß, dass sie in Planung sind, aber deren Ankündigung noch fehlt. Noch nicht erwähnt sind weiterhin produktive Herausgeberteams wie die Geschichtenweber.

Sechs Anthologien/Storysammlungen, die zeitgleich erscheinen, sind mit Sicherheit eher selten, es sei denn, es ist Jahresende oder die Buchmesse steht vor der Tür. Aber die obige Aufzählung zeigt, Kurze sind IN, zumindest wenn man Verleger und Autoren fragt.

Ob das der Leser auch so sieht? Wie ja ganz oben geschrieben, sind dicke Wälzer das, was Ottonormalleser ordert. Bei großen Publikumsverlagen regiert die Verkaufszahl und so sind die Kurzen Mangelware.

Natürlich ist es schön, wenn alle somit ihre Veröffentlichungsmöglichkeit bekommen. Doch der Autor, der es als hohe Weihe empfängt, gedruckt zu sein, wird in ein großes Loch fallen, wenn niemand ihn liest. Genau wie Onlineveröffentlichungen es schwer haben wahrgenommen zu werden, sind die Kurzen, die nur zweistellige Leserraten finden, und in denen sich schlimmstenfalls nach Abzug der Bekannten und Verwandten nur noch eine Handvoll Sammler finden, ungelesene Perlen.

So ist es schön, eine ungelesene Perle zu veröffentlichen, doch nutzt es dem Autor?

Es scheint nur ein Ausweg aus dem Dilemma zu geben: Jahresanthologien werden gebraucht, in denen das jeweils beste des Jahres erscheint. Doch sollten auch diese in Klein- und Kleinstverlagen erscheinen, wurde die Perle zwar zweimal versteckt, doch ist sie immer noch unauffindbar.

So bedenke, lieber Autor und Verleger. Manches Mal ist weniger mehr. Nicht die Quantität der Veröffentlichung ist der Weisheit letzter Schluss.
Und somit ist eine gewisse natürliche Auslese wichtig. Geschichten müssen reifen genau wie ein guter Wein. Überdacht und verfeinert, ist sie am Ende nicht mehr die Geschichte vom Anfang. Und hoffentlich qualitativ verbessert.


So ist Geduld eine wichtige Eigenschaft. Einfach die Kurze liegen lassen, hervorholen, verfeinern und wieder ablegen. Wenn die Zeit reif ist, kommt die Gelegenheit. Und die Perle wird nicht nur gepflückt sondern auch entdeckt.

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