Antje Ippensen (Interview)

Michael Schmidt: Hallo Antje, sag mal, wer ist eigentlich Antje Ippensen?

Antje Ippensen: Ich bin Autorin. Mit Leib und Seele, Herz und Kopf und allem, was sonst noch so dazugehört. Und zwar sehe ich mich mit Stolz als Unterhaltungsschriftstellerin, auch wenn ich gelegentlich Ausflüge in „hochliterarische“ Gefilde unternehme. Ich kann mit dieser Trennung sowieso wenig anfangen, Schubladendenken stößt mich ab; ich mag es, die unterschiedlichsten Welten miteinander zu verbinden und hoffe, dass mir das manchmal gelingt. Meine Leserinnen und Leser möchte ich spannend unterhalten, und ich schreibe in der Regel nachts, trinke dabei große Mengen Ingwer-Honig-Tee; früh aufzustehen ist daher für mich der pure Horror, „das geht gar nicht“, um es mal neudeutsch auszudrücken. Aufgewachsen bin ich übrigens in der Wesermarsch, an der Nordsee, aber das ist so lange her, dass ich mich kaum noch daran erinnere. Ich weiß nur noch, dass dort die Formen eher weich und rund waren: Bernsteine und Muscheln, der Körper meiner Siamkatze, meine Wattenmeerträume. Heute lebe ich in der Quadratestadt, im nächsten Jahr werden es 30 Jahre. Dreißig Jahre Ecken, Kanten und rechte Winkel ;-) – und Glück. Eine Menge davon. – Eigenartigerweise ist Mannheim eine Stadt, durch die ab und zu salziger Meeresgeruch strömt …




Michael Schmidt: Du hast bisher zwei Geschichten zu Zwielicht beigesteuert. Tintige alte Welt aus Zwielicht III wurde dabei für den Vincent Preis 2013 nominiert. Herzlichen Glückwunsch!


Antje Ippensen: Danke schön! Ich finde es großartig, hatte gar nicht damit gerechnet. Eine wunderschöne Überraschung!

Michael Schmidt: Die Geschichte ist ja kurz. Reiß doch trotzdem kurz an, worum es in Tintige alte Welt geht!

Antje Ippensen: Ich versuch’s mal … in meiner surrealen Story scheint zunächst alles auf den Kopf gestellt zu sein, so, als wäre der Himmel plötzlich unten, der Boden aber oben, so dass uns die Pflanzen entgegenwachsen. Entschlossen und verwirrt zugleich macht sich die Protagonistin (es ist wohl eine Sie, zeigt aber schon durch ihren Namen eine deutliche Verschwommenheit) auf den Weg durch diese ver-rückte Welt, in der das Pseudo-Banale kippt und wieder aufsteht und … Nun, und es empfiehlt sich, die wenigen Zeilen sehr genau zu lesen … der eine oder andere geneigte Leser hat gewisse geheime Zeichen bereits entziffert. – Im Übrigen ist meine Geschichte ein bisschen experimentell in der Form und ein Beispiel für einen meiner Versuche, die Welten „Unterhaltung“ und „Literatur mit Anspruch“ zu verknüpfen und ein originelles Wortgewebe zu schaffen. Bizarre Verfremdungen faszinieren mich.

Michael Schmidt: Eisig ist eine vollkommen andere Geschichte und erschien inZwielicht II  . Wie kam es zu der Idee?



Antje Ippensen: Zuallererst war in meinem Geist das Bild einer Fahne, die schlaff herabhing und mit der es trotzdem irgendetwas … Dunkles auf sich hatte. Ich konnte anfangs überhaupt nicht erkennen, welches Motiv die Flagge zeigte. Und dann sah ich Swetlana vor mir. Später schlenderte Sascha vorbei. Und so kam eins zum anderen …

Michael Schmidt: Wenn man auf Amazon nach Antje Ippensen schaut, findet man Bücher wie Fesselndes Geheimnis, einen BDSM Roman, Labyrinth der Lust oder Nachschlag. Was erwartet den Leser dort?

Antje Ippensen: Da zitiere ich mal aus meiner Autorenseite bei Amazon: „Beim Genre Erotik hat sie sich auf das Subgenre BDSM spezialisiert“ – das etwas sperrige Kürzel steht übrigens für Bondage&Discipline, Dominance&Submission, Sadism & Masochism, stets in gegenseitigem Einverständnis zwischen mündigen Erwachsenen: Und dabei geht es auch um – lustvolle –Grenzerfahrungen, höchst geeignet für Genreliteratur der dunkleren Richtung. Erotikszenen der intensiven Art, in spannende, rätselhafte Krimihandlungen verpackt: genau das erwartet den Leser.

Michael Schmidt: Vielfältigkeit ist Trumpf, so mein Eindruck. Was schreibst du alles und hast du irgendein literarisches Kind, welches du besonders liebst?

Antje Ippensen: Ich schreibe in so gut wie jedem Genre, mag aber besonders die phantastisch angehauchten, wie SF, Fantasy, Mystery, Steampunk und Horror, in allen Nuancen. Lieblingskind? Oh, immer das aktuelle, das, woran ich gerade arbeite. Korrektur: Es ist in der Regel kein Einzelkind. Parallel oder aber dichtgedrängt sind das meistens mehrere Projekte. In Sachen Horror verfasse ich gerade eine Novelle mit dem Arbeitstitel „Untote Aliens“, sie soll in einer kleinen E-Book-Antho der Edition Nocturno erscheinen, die ich zusammen mit meinen sehr geschätzten Kollegen Inka Mareila und Markus Kastenholz mit Text-Leben erfüllen werde; wir legen dabei einen Schwerpunkt auf schwarzen Humor.



Michael Schmidt: Viele deiner Bücher erscheinen als E-Book. Ist das E-Book die Zukunft und das gedruckte Buch im Niedergang?

Antje Ippensen: Ich plädiere für eine friedliche Koexistenz beider Medien. Also schöne, gut gemachte Printbücher wird es immer geben, aber ich sehe schon auch und hoffe darauf, dass das E-Book weitere Verbreitung finden wird. Es ist doch großartig, auf Reisen ALLE Lieblingsbücher mitnehmen zu können! Ich lese außerdem mehr, schneller, experimenteller, seitdem ich auf dem E-Book-Trip bin. Das E-Book erschließt uns Self Publishern nicht nur phantastische Möglichkeiten zu veröffentlichen, sondern auch neue Leserschichten. Menschen, die nie ein (als zu altmodisch, als ‚uncool‘ empfundenes) Buch anrühren würden, greifen stattdessen zum Reader, zum Tablet, zum Smartphone, um zu lesen. Manche entdecken die Freuden des Lesens dadurch zum allerersten Mal!

 Michael Schmidt: Was liest du selbst und hast du irgendwelche Empfehlungen an die Zwielicht Leser?

Antje Ippensen: Selber lesen, da schaue ich mal in meinen Kindle: „Downtown Blues“ von Myra Cakan, „In Dir“ von Carmen Weinand, „Die Kenlyn-Chroniken“ von Dane Rahlmeyer, „Sämtliche Werke von Stefan Zweig“, „Natternblut“ von B.C. Bolt.

Empfehlen: Ganz allgemein rate ich allen Lesern, sich auf die Suche nach den Perlen der Indie-Autoren zu begeben. Es gibt genügend davon! Oder findet Texte von Hybrid-Autoren, zu denen ich mich ja auch zähle, also von Schriftsteller/innen, die sowohl eigenständig als auch in Verlagen veröffentlichen – das macht einfach Spaß, und E-Magazine wie xtme:phantastik helfen dabei, sich im Dschungel der vielen, vielen Wortwelten zu orientieren. Sonstige Empfehlungen … die Werke von Thomas Ligotti und Jorge Luis Borges schätze ich sehr. Emily Brontё mit „Sturmhöhe“ … und um wieder in die Gegenwart zu springen: Markus Kastenholz mit „Hanamibi – Kirschblütenfeuer“ (heftig!), übrigens auch ein Roman der Violent-Earth-Zombiereihe. Inka Mareila empfehle ich mit ihrem „Armageddon Zone-Prequel ‚Melting Skin‘“ – mit dem „Wow, der Wahnsinn!“-Effekt. Und ein Werk wie den „Fantasy & Science Fiction Almanach 2014“ möchte ich allen Interessierten wärmstens ans Herz legen. Elf Phantastik-Autoren kennenlernen für nur 99 Cent, das ist doch der Hammer.

Michael Schmidt: Was ist aktuell von dir erschienen und auf was können wir uns in der näheren Zukunft freuen?


Antje Ippensen: Aktuell: Da ist auf jeden Fall „Labyrinth der Lust“ zu nennen, brandneu auf dem Markt. Demnächst erscheint Band 1 (RosenFlammen) meiner DORNEN-Trilogie (Endzeit-Erotik) im Arunya-Verlag sowie ein Zombie-Roman der Reihe „Violent Earth“ in der Edition Bärenklau (Band 8, wird wohl ZERFETZT heißen).

„An den Rändern der Zeit, Teil 3“, Abschluss der Reihe, ist gleichfalls in Arbeit, dabei handelt es sich um dystopische SF, und mein gerade frisch mit drei Bänden erschienener Sechsteiler „Riyala – Tochter der Edelsteinwelt“, All-Age-Fantasy, harrt gleichfalls einer Fortsetzung. An „RosenAsche“, Band 2 der DORNEN, bin ich auch gerade dran.

Dann wäre da die oben erwähnte Anthologie („Untote Aliens“), soll zu Halloween als E-Book (logisch!) herauskommen – ich schätze es sehr, gemeinsam mit anderen Autoren Projekte zu verwirklichen, bin schon total gespannt auf die Beiträge von Inka Mareila und Markus Kastenholz. Wir drei bilden zusammen die „Edition Nocturno“ – da gibt’s auch eine Homepage, editionnocturno.jimdo.com. Auch die Künstlerin Louise von Stein betreue ich umfassend mit ihrer E-Book-Romanreihe „Licht an …“, in der sie sehr spannend ihr wechselvolles Leben nacherzählt.

Also, ich denke, es wird recht deutlich, dass das Schreiben mein Lebenselixier ist.


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