Daniel Schenkel (Interview)



Michael Schmidt: Hallo Daniel, stell dich den Zwielicht Lesern doch mal kurz vor!

Daniel Schenkel: Ich bin Jahrgang 1977, habe Geschichte, Politische Wissenschaft und Philosophie in Erlangen studiert. Derzeit lebe ich in Neumarkt in der Oberpfalz, wo auch meine Familie und einige Freunde von mir wohnen. Wann ich mit dem Schreiben angefangen habe, weiß ich nicht mehr genau, aber es muss ziemlich früh gewesen sein, wahrscheinlich noch vor der Pubertät.


Michael Schmidt: Du gibst in Ausgabe 4 mit deiner Geschichte „Herr Winzig“ dein Debüt in Zwielicht. Wovon handelt die Geschichte?

Daniel Schenkel: Ein paar Kinder finden in einem alten Haus eine Puppe, die sich als etwas völlig anderes, etwas sehr Finsteres entpuppt und Gewalt über das Leben der Kinder bekommt.

Michael Schmidt: Du bist Liebhaber von Weird Fiction und den alten Meistern der Dunklen Phantastik wie Howard P. Lovecraft. Inwiefern beeinflusst das deine eigenen Werke?
Daniel Schenkel: Sehr stark, das geht so weit, dass ich in meinen Texten immer wieder Bezug auf Lovecrafts Mythos nehme, was mir großen Spaß macht. Lovecrafts kosmische Perspektive - die Verneinung des anthropozentrischen Fokus und die Konzentration auf fremdartige, im Grunde unbegreifliche Kräfte – waren eine literarische Revolution. So halte ich Lovecraft für einen der wichtigsten Autoren des 20. Jahrhunderts, der auch jetzt noch, im neuen Jahrtausend, aktuell ist. Je weiter der Kenntnisstand in Physik und Astronomie steigt, desto mehr wird klar, dass Lovecrafts Philosophie, die von der Marginalität des Menschen in einem gigantischen Kosmos ausgeht, mehr als berechtigt ist.

Michael Schmidt: Welche Weird Fiction Autoren sind deine Favoriten und welche Werke würdest du einem Leser besonders empfehlen?

Daniel Schenkel: An gegenwärtigen Autoren empfehle ich ausdrücklich Thomas Ligotti, W.H. Pugmire und Joseph S. Pulver Sr. Die beiden letzteren liegen zur Zeit leider nicht in deutscher Übersetzung vor, aber was nicht ist, kann ja noch werden. Ich kann uneingeschränkt alle Bücher der genannten Autoren empfehlen, sie haben noch nie etwas schlechtes oder langweiliges veröffentlicht.

Michael Schmidt: Wie würdest du Weird Fiction definieren und wo grenzt es sich gegen Horror, SF oder Fantasy ab?

Daniel Schenkel: Die Weird Fiction konzentriert sich auf das Abnorme, das Unbegreifliche und das Anormale. Sie ist von anderen Genres nicht klar abzugrenzen, sondern jede andere Literaturart kann auch gleichzeitig Weird Fiction sein. Als Beispiel möchte ich Philip K. Dick nennen, natürlich in erster Linie ein SF Autor, dessen Werke allerdings auch als Weird Fiction gelesen werden können, vor allem diejenigen, die sich mit der Zerstörung der Realität des Protagonisten beschäftigen.

Michael Schmidt: Gibt es auch deutschsprachige Autoren von Weird Fiction die du empfehlen kannst?

Daniel Schenkel: Natürlich. Eddie M. Angerhuber, Michael Siefener, Axel M. Gruner und Malte S. Sembten sind Autoren, die mich sehr geprägt haben und mit denen ich auch in Kontakt stehe. Vor allem Eddie M. Angerhuber war für meine schriftstellerische Entwicklung sehr wichtig, da sie mich mit den Werken Thomas Ligottis bekannt machte und ich ohne ihren Zuspruch wohl nie selbst Weird Fiction geschrieben hätte.

Michael Schmidt: Eric Hantsch hat ja Eddie M. Angerhuber einen Artikel in Zwielicht III  gewidmet. Was anderes. Du hast eine (oder zwei?) Anthologie(n) bei Sarturia herausgegeben. Erzähl doch mal! Wie hast du die Geschichten ausgewählt und warum Sarturia. Der Verlag ist ja nicht unumstritten.

Daniel Schenkel: Ich bin Herausgeber der Anthologie "Vanitas", die zwei Geschichten von mir enthält und auch für die Neuauflage der Anthologie "Erwachen" verantwortlich, die eine Novelle von mir enthält. Bei "Vanitas" habe ich nach Geschichten gesucht, die in mein Konzept für Unheimliche Phantastik bzw. Weird Fiction passen und wie man merkt, bin ich ja auch fündig geworden. Die Geschichten in der Neuauflage von "Erwachen" sind bis auf meine Novelle und einer Geschichte von Adela Schulz dieselben wie in der ersten Auflage, wurden allerdings noch einmal lektoriert und überarbeitet. Die Beiträge des alten Herausgeber sind nicht mehr dabei, es gab leider einige Unstimmigkeiten zwischen ihm und dem Verlag, die aber inzwischen aus der Welt sind.
Ich kann hier nur noch einmal betonen, dass der Sarturia Verlag ein ganz normaler Verlag ist, der mit seinen Autoren ganz normale Verträge abschließt. Er hat nichts mit DKZ-Verlagen oder ähnlichen schwarzen Schafen zu tun, ganz im Gegenteil, die Autoren werden ausgezeichnet behandelt und betreut. Dieter König ist ein sehr engagierter Verleger, der mit Herzblut bei der Sache ist und das ist auch der Grund, aus dem ich mich für Sarturia entschieden habe.

Michael Schmidt: Wird es eine weitere Anthologie geben?

Daniel Schenkel: Ja, ich sammele zur Zeit Beiträge für Macabre III. Unter anderem werden Michael Siefener und Malte S. Sembten in dieser Anthologie vertreten sein. Wer sich beteiligen möchte, befindet sich also in sehr guter Gesellschaft. Einsendeschluss ist übrigens der 30.09.2014. Beiträge bitte an info@sarturia.com


Michael Schmidt: Du bist Autor des Episodenromans "Die Muerenberg Chroniken". Worum geht es da und wo ist er erschienen?

Daniel Schenkel: Der Leser erfährt in zehn Episoden, was Besuchern und Einwohnern dieses schönen Städtchens namens Muerenberg widerfährt und was aus ihnen wird. Muerenberg ist mein Arkham, mein Dunwich, ein Ort, an dem der Schleier der Realität dünn ist und sich zuweilen fremdartige Wesenheiten zeigen und ihre bizarren Spiele mit den Menschen spielen.
Das Buch ist selbstverständlich auch bei Sarturia erschienen.

Michael Schmidt: Nach dem Roman ist vor dem Roman. Was hast du in Planung?

Daniel Schenkel: Ich arbeite an einem Manuskript, das zur Abwechslung einmal nichts mit Lovecraft zu tun hat, sondern sich an Robert W. Chambers "King in Yellow" orientiert. Wann es erscheinen wird, kann ich nicht sagen, vielleicht noch dieses Jahr, das hängt unter anderem auch von meinem Arbeitstempo ab.
Außerdem arbeite ich mit Yellow King Productions zusammen, einem neuen und sehr ambitionierten Hörbuchverlag. Die Zusammenarbeit trägt bereits Früchte, die finden sich hier.

Michael Schmidt: Liest du auch Geschichten abseits der Weird Fiction und wenn ja welche?

Daniel Schenkel: Ich bin ein großer Fan von Charles Bukowski und Michel Houellebecq. Vor allem Houellebecqs "Ausweitung der Kampfzone" stimmt so sehr mit meinen Ansichten zu bestimmten Dingen überein, dass es fast komisch ist. Liest Houellebecq Gedanken und wenn ja, warum ausgerechnet meine? :-)

Michael Schmidt: Du machst ein Vlog!

Daniel Schenkel: Ich mache ein Vlog, genau. Darin informiere ich in unregelmäßigen Abständen über alles, was Weird Fiction betrifft und natürlich auch über meine eigenen Werke. Für Interessenten, die Adresse ist http://www.youtube.com/user/shankl?feature=watch
Dieses Vlog ist absolut parteiisch und subjektiv. Die darin geäußerten Ansichten sind allein meine und haben keinerlei Anspruch auf Allgemeingültigkeit.

Michael Schmidt: Wie würdest du die deutschsprachige Horror bzw. Weird Fiction Szene beschreiben? Was hat sie schon und was fehlt ihr noch?

Daniel Schenkel: Horror war bis auf ganz wenige Ausnahmen immer eine Nische und Weird Fiction ist eine Nische innerhalb einer Nische. Ich weiß nicht, ob sich das je ändern wird und ob das überhaupt wünschenswert wäre. Ansonsten ist die Szene gesund. Es gibt gute Autoren und diese finden auch Leser. Wie viele das sind, steht allerdings auf einem anderen Papier.

Michael Schmidt: Und die Internationale?

Daniel Schenkel: Ich kenne ein bisschen die US Weird Fiction Szene und da gilt mehr oder weniger das Gleiche wie in Deutschland: Eine Nische innerhalb einer Nische, die mir ausgesprochen gut gefällt.

Michael Schmidt: Ein letztes Wort an die Leute dort draußen!

Daniel Schenkel: Angenehme Träume!

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