Desdemona
„Schätzchen!“
Ein widerliches Schmatzen
erklingt. Dann wieder die schrille hohe Stimme.
„Schätzchen!“
Sam blickt auf.
Eingefrorene Wangen, hohl. Die
Haut bleich. Die Haare aufgetürmt, schwarz und mit zwei Zöpfen an der Seite.
Der jugendliche Eindruck zerstört von tiefen Falten unter den Augen und einer
Haut, die schrumpelt. Die Haut wirkt lebendig. Unter ihr krabbelt etwas. Dringt
nach draußen.
Ein erneutes Schmatzen lenkt ihn
auf ihr Gesicht. Sie mustert ihn aus kalten grauen Augen.
Der Mund, schmale Lippen, die
sich öffnen. Der Kaugummi, der eine Blase bildet. Eine Blase, rosafarben. Dehnt
sich wie ein erhitzter Gummisack. Bläht sich auf, zarte Konstitution mit
verborgener Stärke. Eine Zerreisprobe, voll Spannung. Die Wirkung jedoch, die
wandert, gewinnt an Raum.
Erstaunt registriert Sam die Haut der Frau. Erkennt Risse um den Hals, wie Maulwurfhügel, ein Minenfeld, das aufbricht. Würmer mit
spitzen Zähnen treten hervor, die geifernden Münder, vor Lust verzerrt.
Atosekunden später, keine Chance
zu reagieren, umschlingt ihn die rosarote Kaugummihaut, schmiegt sich an ihn
wie eine liebestrunkene Furie. Wie Säure brennt die neue Geliebte, während sie sich
in ihn hereinfrisst.
Er vergeht. Im Feuer der
Leidenschaft ist sein Ende gekommen, der Aufbruch zu einem neuen Anfang. Wie die
Schwärze das Weiß bedeckt, wird Sam wiedergeboren.
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