Die Welt ist ein Dorf!
So konnte man die letzten zwanzig Jahre bezeichnen. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs startete die Globalisierung richtig durch.
Die EU breitete sich gen Osten aus und gewann in kurzer Zeit so viele neue Mitgliedsländer dazu wie noch nie. Da hatte wohl jemand Angst davor, dass der Vorhang wieder zugezogen wurde.
Aber auch eine solche Globalisierung sorgt für Probleme. Erst die Tigerstaaten, dann Argentinien, waren die Probleme früher eher fern, rückten sie jetzt nahe heran.
Kredite für finanzschwache US Amerikaner zeigten es dann plastisch. Die Amerikaner hatten über ihre Verhältnisse gelebt und ein künstliches Wachstum erzeugt. Das musste irgendwann korrigiert werden und so passierte es mit einem Knall. Große US Banken und Versicherungen mussten mit viel Steuergeld gerettet werden.
Für Lehmann Brothers reichte es nicht und so musste diese Bank dafür hinhalten und ist seitdem der Inbegriff der Finanz- und Wirtschaftskrise.
Ja, die Amis lebten über ihre Verhältnisse, so konnte man anfangs noch milde schmunzeln. Doch plötzlich erschütterte sich auch die deutsche Finanzwelt: HSH Nordbank, West LB, Bayern LB, Hypo Real Estate und die Commerzbank. Nicht nur die Amis lebten über ihren Verhältnissen, auch die deutschen Banken.
Die Abwärtsspirale begann und machte auch vor deutschen Traditionsfirmen nicht halt: Opel, Märklin, Schießer u.a.
Doch jetzt zeigten sich zwei deutsche Tugenden. Wir hatten die Krise schon hinter uns und mit den Harz-Gesetzen Deutschland reformiert. Das war jetzt von Vorteil.
Außerdem sorgte der starke deutsche Staat für ein sanftes Abfedern: Kurzarbeit, ausgeweitet auf 2 Jahre und die Abwrackprämie. Der Arbeitsmarkt blieb vom Schlimmsten verschont.
Trotzdem litt die exportlastige Industrie und so sank das BIP um rekordverdächtige 5%. Mehr als die US Wirtschaft, die doch das Zentrum der Finanzkrise sein sollte.
Die Welt ist halt ein Dorf und so brach der Außenhandel überproportional ein.
So darf es auch nicht wundern, dass aktuell die Wachstumsraten in Deutschland besonders hoch sind. Wer tiefer gefallen ist, steigt natürlich auch wieder schneller.
Doch das war unseren Nachbarn ein Dorn im Auge. Frankreich hatte seinen Lieblingsfeind neu entdeckt und geißelte die deutsche Stärke als Grund für europäische Ungleichgewichte. Na, Frankreich ist halt Streikweltmeister und kein Exportweltmeister.
Solche Ungleichgewichte kommen nicht von heute auf morgen. Dem Urlauber ist es schon lange aufgefallen. Erst war Italien zu teuer, dann Spanien und zuletzt Griechenland.
Ob sich solche Ungleichgewichte jemals aufheben?
Man schaut sich nur Süd- und Norditalien an. Oder West- und Ostdeutschland sowie das allgemeine Nordsüdgefälle. Die Unterschiede bleiben oder verringern sich nur auf lange Sicht.
Grenzenloses Wachstum versprechen dagegen die BRIC Staaten: Brasilien, Russland, Indien und China.
Wie ein Messias gefeiert, sind jahrelange Wachstumsraten nicht so überraschend. Schließlich sind es Länder mit Nachholbedarf, deren Wohlstandsniveau sehr niedrig war. Doch auch Wachstumsgötter werden irgendwann von einer Krise heimgesucht. Siehe nur Wirtschaftswunderland Deutschland. Kaum war es aufgebaut, begannen die Weltwirtschaftskrisen. Rückschläge gibt es immer und statt zu versuchen, sie künstlich zu verhindern, bereinigen sie doch gerade Fehlentwicklungen.
Für China erwartet man Probleme auf Grund der Ein-Kind-Politik. Der Wachstumsmotor muss halt dauerhaft geschmiert werden.
Doch gilt die Globalisierung als Motor für den Wohlstand, haben seit der Krise die gebeutelten Länder eine neue Waffe gegen den Abschwung entdeckt: Die Lokalisierung.
China soll aufwerten, damit es weniger exportiert und damit die US Wirtschaft stärkt.
Deutschland soll seine Löhne erhöhen, dabei war Deutschland lange das Land mit den höchsten Löhnen und das galt als Wettbewerbsnachteil, und soll damit die europäischen Peripherieländer stärken.
China schottet ja schon länger seinen Markt ab. Wer in China verkaufen will, muss in China produzieren. Wenn das keine Lokalisierung ist.
Auch in Indien entstehen lokale Unternehmen, an denen internationale Partner beteiligt sind. Und es setzt sich die Erkenntnis durch, es gibt kaum globalen Marken. Der lokale Geschmack ist doch sehr unterschiedlich.
Lechzt der westliche Bürger nach Actionfilmen, zerschmelzen die Inder an kitschigen Bollywoodfilmen. So wird aus der globalen Strategie eine Vielzahl an lokalen Splittern.
Eine Mischung aus beidem sollte es sein. Die Stärken vor Ort mit den weltweiten Möglichkeiten zu verbinden, das ist die richtige Strategie für die Zukunft. Doch gerade bei den Feldern Umweltschutz, Überbevölkerung, Ernährung und Gesundheit, bei denen ein globales Handeln unter Berücksichtigung lokaler Gegebenheiten wichtig wäre, gibt es Kleinstaaterei.
Und somit stimmt der Ausgangspruch „Die Welt ist ein Dorf“. Leider oft genug nur im negativen Sinne. Denn weiter als zum nächsten Kirchenturm reicht der Blick zumeist nicht. Hoffen wir nur, dass dieser aktuell verstärkte Trend sich auch wieder umkehrt.
Für eine Welt ohne Grenzen.
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