Erik Schreiber, Saphir im Stahl (Interview)
Michael Schmidt: Hallo Erik,
Zwielicht hat ja eine neue Heimat gefunden, die Ausgabe 3 erscheint bei Saphir im Stahl. Da ist es an der Zeit, mal Verlag und Verleger vorzustellen. Also sag
mal, wer ist eigentlich Erik Schreiber?
Erik Schreiber: Das
frage ich mich auch manchmal. Aber im Ernst, ich bin jetzt fast 55 Jahre alt
und 50 davon kann ich lesen. Ich fing mit Jules Verne und Donald A. Wollheim
an, sammelte später alle Heftromane die mit SF, Fantasy und Horror zu tun
hatten und zu Beginn der 1970er Jahre gewann ich mehrere
Kurzgeschichtenwettbewerbe. Hauptsächlich im Horrorbereich. Weil ich jedoch zu
oft umgezogen bin, ist von den frühen Geschichten so gut wie nichts mehr vorhanden.
Michael Schmidt: Saphir im Stahl
ist dein Verlag. Stell uns doch mal dein Programm vor!
Erik Schreiber: Der
Verlag wurde im Mai 2010 gegründet. ich wollte aber keinen reinen
Phantastik-Verlag, davon gibt es genügend. Mir war wichtig, dass ich einen
Verlag gründe, der auf mehreren "Säulen" steht. Neben der Phantastik
sind dies Historisches und Regionales. Ich wollte zudem gebundene Bücher
herausgeben, weil ich diese gerne in der Hand halte. In der Phantastik erschien
als erstes Raumpatrouille Orion, dazu kamen die Reihe Geheimnisvolle
Geschichten mit den Bänden Steampunk, Piraten! Piraten! und Die Kathedrale.
Dazu kamen die Romane Im Schatten des Blutmondes von Andreas Groß und
Hans-Peter Schultes und von Pia Biundo Alle Zeit der Welt. Im Bereich
Historisch erschienen die drei Krimis um Luuk de Winter von Jörg Olbrich Das Geheimnis
der Ronneburg, von Timo Bader und Hannah Steenbock Der Mannwolf von Königsberg
und Michael Buttlers Die Bestie von Weimar. Im Bereich Regionales erschienen
der Gedichtband Ein Augenblick für Zwei sowie der Kurzgeschichtenband
Leseträume. Anfang dieses Jahres kamen die Taschenbücher hinzu. Dies war aber
eine wirtschaftliche Entscheidung. Die Taschenbücher sind in der Herstellung
billiger, nehmen weniger Platz weg und lassen sich schneller verkaufen. Mit dem Gewinn kann ich dann
wieder neue Bücher finanzieren.
Michael Schmidt: Deine Mischung
ist ja ziemlich bunt. Wie kam es zur Neuauflage der Orionbände?
Erik Schreiber: Es
fing alles damit an, dass ich mit dem Namen Saphir im Stahl weg wollte von
einem Verlag mit Gründernamen. Bei einem Namensverlag erwartet man zu viel vom
Gründer, was ich vermeiden wollte. Auch wollte ich nicht den Eindruck erwecken,
einen Selbstverlag zu gründen. Und Orion? Die Fernsehserie hat mir immer
gefallen und ich dachte, mit dem Namen der Buchreihe kann ich ein wenig den Verlag
bekannter machen. Was auch werbetechnisch klappte. Danach kamen schon die
anderen Bücher und irgendwie komme ich gar nicht dazu, meine Werke zu
veröffentlichen. Aber zurück zu Orion. Ich bin, wie gesagt, ein großer Fan der
Reihe. Ich begann nach den Rechten zu suchen, den Manuskripten, dem Autor etc.
und nach ein paar Schwierigkeiten waren die Bücher fertig. Ihr Aussehen
verdanken sie den genialen Bildern von Crossvalley Smith.
Michael Schmidt: Märchen sind ja
ebenfalls ein Schwerpunkt. Sind Märchen immer noch so beliebt wie zu unserer
Kindheit? Mittlerweile ist ja das Angebot förmlich explodiert…
Erik Schreiber: Märchen
sind immer noch beliebt. Aber seltsamerweise mehr von Erwachsenen und weniger
von Kindern. Wenn Du jedoch der Meinung bist, das Angebot wäre explodiert sieht
das nur so aus. Wir haben jetzt 200 Jahre Grimms Märchen. Und da werden überall
Grimms Märchen veröffentlicht, auch die anderen Märchen von Hauff, Bechstein,
Andersen etc. gibt es in den unterschiedlichsten Ausgaben. Aber wo sind die
alten Märchen, die nicht in den genannten Büchern stehen? In Wolfsmärchen habe
ich Märchen und Sagen rund um den Wolf zusammengeführt. Einige hat mir ein
Indianer erzählt, der in Deutschland zu Besuch war, andere stammen aus dem
Internet, von Sammlern und aus alten Märchenbüchern. Ziel war es, den Wolf als
Wesen zu zeigen, der dem mitteleuropäischen Bösen Wolf widersprechen. Und siehe
da, in der Tat gehen die meisten Sagen und Erzählungen auf einen freundlichen
Wolf zurück. Bei den Märchenprinzessinnen und Gnome, Wichtel, Heinzelmännchen
ging ich davon aus, mir ein Thema zu suchen und vor allem nicht nur Märchen,
sondern auch die Sagen zusammenzutragen. Mir ist es wichtig geworden, die Sagen
als altes Volksgut am leben zu erhalten. Es wäre schade, wenn diese vergessen
werden.
Michael Schmidt: Anthologien sind
ja ein weiterer Schwerpunkt. Welche Ausschreibung gibt es aktuell und was
sollten potenzielle Autoren beachten?
Erik Schreiber: Anthologien
sind wichtig, um so den Autoren die Freude am schreiben zu lassen.
Kurzgeschichten sind ein wichtiger Punkt, um die Freude am eigenen Schreiben zu
erhalten und ein wichtiger Punkt um später Romane zu schreiben. Aktuell läuft
ein internationales Projekt. Ich suche 80 Autoren aus 80 Ländern mit je einer
Geschichte. Da ich aber keine Schreiber aus 80 Ländern finden konnte, versuche
ich es jetzt mit "nur" 80 Autoren. Der letzte Termin ist nur für den
31.07.2014 angesetzt. (siehe www.around-the-world-in-80-sf-stories.com). Gerade
erschien Roboterliebe. SF-Kurzgeschichten. Eigentlich sollten alle Geschichten
mit dem Thema zu tun haben, als aber zu wenig für ein Buch zusammenkamen, habe
ich das Thema geöffnet und weitere SF-Geschichten dazu genommen. Auf meiner
Seite www.saphir-im-stahl.de kannst Du weitere Ausschreibungen finden.
Michael Schmidt: Manche deiner
Bücher erscheinen als gebundene Ausgaben, manche als Taschenbücher. Woran
machst du eine Entscheidung zwischen diesen beiden Varianten fest?
Erik Schreiber: Die
Entscheidung ist recht einfach. Alles was nicht in die Phantastik, Regionales
oder Historisches passt, wird Taschenbuch. Ein weiteres Kriterium ist aber der
Publikumsgeschmack. Ein Magazin wie Zwielicht funktioniert nicht als gebundenes
Buch. Auch manch Kurzgeschichtensammlung wie die Roboterliebe oder die
Krimi-Kurzgeschichtensammlung Eine Leiche auf Reisen hat als Taschenbuch mehr
Erfolg.
Michael Schmidt: In deinem Verlag
erscheint auch eine Reihe mit historischen Kriminalromanen von verschiedenen
Autoren. Worum geht es da und was darf der Leser in Zukunft erwarten?
Erik Schreiber: Die
drei Romane um Luuk de Winter hatte ich ja bereits erwähnt. Held der Bücher ist
Luuk de Winter, ein belgischer Ermittler, der in den Deutschen Landen unterwegs
ist, um Kriminalfälle zu lösen. Die Romane spielen zwischen 1820 und 1825 und
heben sich daher von anderen historischen Romanen ab. Ebenso wie vom Thema,
denn es sind keine "mittelalterliche Superfrauen" die im Mittelpunkt
stehen. Statt dessen finden sich exakt recherchierte Orte mit eine wirklichkeitsgetreuen
Umgebung und Handlung. Auch wenn jeder Roman für sich einzeln lesbar ist, so
erfährt der Held eine Veränderung, sein Charakter wird ruhiger, um es
vereinfacht auszudrücken . Wer will kann dies selbst erlesen.
Was
der Leser in Zukunft erwarten darf, kann ich nicht sagen. Im Augenblick werden
keine interessanten Themen angeboten. Ich bin selbst gespannt.
Michael Schmidt: Du schreibst
auch selbst. Erzähle mal! Und was würdest du einem Leser empfehlen?
Erik Schreiber: Was
ich empfehle lässt sich schnell sagen. Tatort Weltraum. Die Sammlung von
SF-Krimi-Kurzgeschichten gibt es günstig als e-book, aber nicht mehr gedruckt.
Ich schreibe gern Kurzgeschichten. Und in jedem Band der Geheimnisvollen
Geschichten findet sich eine Erzählung von mir. Mit Hermann Ritter schrieb ich
gemeinsam den Battletech-Roman Früchte voll Bitterkeit, für Rettungskreuzer
Ikarus steuerte ich den Roman Sturmangriff der Ts'gna bei. ich versuche auch
immer wieder Kurzgeschichten bei anderen Verlagen unterzubringen, weil ich
wissen will, ob andere meine Geschichten auch veröffentlichen würden. Ab und zu
gelingt das auch.
Michael Schmidt: Welches der
Bücher aus deinem Verlag ist der Bestseller und welches dein persönlicher
Liebling?
Erik Schreiber: Mein
Bestseller ist Pia Biundo mit Alle Zeit der Welt. Der Vater meiner Patentochter Regine, Eric Brünner, gab mir lange bevor ich meinen Verlag gründete, das
Manuskript zu lesen. Und ich war damals davon überzeugt, dass das Buch gedruckt
werden sollte. Bei Gründung des Verlages kam Eric wieder auf mich zu. Ich
brachte das Buch als Hardcover heraus und habe nun den vierten Nachdruck. Das
Buch war für alle deutschen Phantastikpreise nominiert, aber konnte leider
keinen der Preise gewinnen.
Ein
persönliches Lieblingsbuch gibt es für mich nicht. Ich gehe jetzt nicht soweit,
zu behaupten, dass die Bücher alles meine Kinder seien und ich sie gleich lieb
habe. Aber ich veröffentliche nur, was mir gefällt.
Michael Schmidt: 2014 steht an
und auf was dürfen sich die Freunde von Saphir im Stahl freuen?
Erik Schreiber: Ich
habe gerade Rübezahl fertig abgeschrieben. Ein Buch etwa aus dem Jahr 1900. Für
mich ist dieses Buch sehr angenehm, weil es eine ganz andere Schreibweise hat,
noch in alter Frakturschrift und weil dort die Geschichten in der Reihenfolge
erschienen. Es wird nächstes Jahr in Neuauflage erscheinen, aber ich weiß noch
nicht in welcher Form. Es stehen noch zwei Romane an und ein paar Märchen- und
Sagenbücher. Anderes wird sich entscheiden, wobei es darauf ankommt, was mir
angeboten wird. Zwielicht 4 gehört dazu und andere Manuskripte, die zwar
angeboten wurden, aber ich noch keine Entscheidung getroffen habe.
Michael Schmidt: Du bist ja schon
lange im Geschäft. Wie würdest du die Phantastik Szene einschätzen und wie hat
sie sich im Laufe der Jahre verändert?
Erik Schreiber: Eine
Einschätzung der Szene ist schwierig, weil man unterscheiden muss zwischen SF,
Fantasy und Horror. In der SF gab der Steampunk ein kurzes Gastspiel, aber alle
Verlage die Steampunk veröffentlichen haben Probleme, die Bücher zu verkaufen.
Die Szene dazu ist eher LARP-lastig, weniger auf das Lesen aus. Die großen
Verlage nennen ihr Steampunk schon lange nicht mehr so und die Bücher zum Thema
erscheinen in der Jugendbuchabteilung. Die Military-SF wird nicht mehr die große
Rolle spielen, obgleich noch einiges erscheinen wird. Bei der Fantasy hat es
sich eingebürgert nutzlose Trilogien herauszugeben. Wenn ein Autor nicht in
einem Band zum Punkt kommt, wird er es auch mit mehreren Büchern nicht
schaffen. Gerade der zweite Band ist dann eher ein Lückenfüller. Serien gibt es
keine mehr. Leider. Und im Horrorbereich? Nun ja, es gibt immer noch die
unsäglichen Liebes-Grusel-Romane mit den weichgespülten Vampiren, Werwölfen
etc. Die Zombiewelle rollt noch ein wenig, wird aber auch weniger. Hier
favorisiere ich inzwischen die Thriller, die zwischen Gruselroman und Krimi
angesiedelt sind und zum Teil recht blutig sind. Eine härtere Gangart ist also
angesagt.
Michael Schmidt: Und wo geht die
Reise in der deutschen Phantastik hin?
Erik Schreiber: Und wo
gehen die drei Teilbereiche der Phantastik hin? Ich kann es nicht sagen, Neues
gibt es wenig und Althergebrachtes hat immer noch Erfolg. ich denke, in der SF
wird es ein wenig mehr in Richtung Social Fiction gehen. Beim Horror etwas mehr
Blut und in der Fantasy retten weiterhin Waisenkinder die Welt.
Erik Schreiber: Das
letzte Wort an "die dort draußen" kann nur sein, dass sich die Leser
ein wenig mehr in der Kleinverlegerszene umschauen sollten. Vom Atlantis-Verlag
über Torsten Low und Ulrich Burger bis hin zu Ernst Wurdack, um nur einige zu
nennen, gibt es sehr viele Interessante Werke. Kauft direkt bei den
Kleinverlagen, dann bleibt mehr Geld dort und weitere Bücher können
herausgegeben werden.
Und
ansonsten? Habt Spaß an der Phantastik!
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