Ralph Doege (Interview)
Michael Schmidt: Hallo Ralph. Stell dich doch mal vor!
Ralph Doege: Alter Mann, der wenig schreibt - und momentan
daran (mit)arbeitet, einen neuen Verlag für
SF und Fantasy auf die Beine zu stellen - dazu „darf“ er (also ich) aber noch nichts
sagen. Ansonsten bin ich als Buchhändler
tätig und aus irgendeinem Grund
vollkommen vernarrt in Japan (in einem früheren
Leben war ich sicher Japaner …
was aber auch nicht bei dem Erlernen der Sprache hilft, ich habe es inzwischen
aufgegeben).
Michael Schmidt: Zwei deiner surreal-phantastischen
Geschichten sind in Zwielicht Classic erschienen. Welche der beiden ist dein
Favorit?
Ralph Doege: Kann ich nicht sagen.
Michael Schmidt: Julia
und der dunkle Spiegel erschien in Zwielicht Classic III . Erzähl mal, worum
geht es in der Geschichte und wie entstand sie?
Ralph Doege: Den Inhalt sollte man lieber selber lesen. Nur
ein paar Stichworte: Leipzig, Crowley und verzweifelte Liebe … Sie entstand eigentlich aus
der Idee Frank Festas, der einen Band mit unheimlicher Phantastik aus/in
Leipzig machen wollte und daraus, dass ich vor vielen Jahren las, dass Aleister
Crowley in Leipzig war. Darüber
wollte ich schon seit langem schreiben. Aus der Anthologie wurde leider nie
was.
Michael Schmidt: Altes
Muster aus Zwielicht Classic 4
geht eher in Richtung SF, oder? Wie kam es zu der Geschichte und hat sie
Vorbilder?
Ralph Doege: Na ja, vielleicht eine Mischung aus SF und
Fantasy. In den 90ern gab es einen Skandal in Leipzig, dass irgendwelche
Politiker mit minderjährigen Huren
erwischt wurden. Das war wohl die Grundidee. Dann suchte ich nach einer
Metapher für Unschuld und für Verlangen und den Übergang von Kind/Jugend zum
Erwachsenen. Außerdem, aber
vielleicht konstruiere ich das nun auch erst später
hinein, dachte ich möglicherweise
an den Anfang von Nabokovs LOLITA: „Lolita,
Licht meines Lebens, Feuer meiner Lenden.“
Feuer => Drachen. Drachen => Jungfrauenopfer. Leipzig => St. Georg tötet den Lindwurm/Drachen … etc. pp. Das alles hat sich
vermischt zu ALTES MUSTER. - Vorbilder sind mir keine bewusst.
Michael Schmidt: Eine Zeitreisegeschichte erschien im
Auftaktband von Helmuth W. Mommers Reihe Visionen. Alter Ego ist dann in anderer Version in deiner Sammlung Ende der Nacht erschienen. Blick doch
mal zurück ins Jahr 2004 und erzähl uns mal über Visionen und deine
Geschichte Alter Ego.
Ralph Doege: Ja, Helmuth W. Mommers stellte mich vor die
Entscheidung, entweder die Geschichte ein wenig zu verändern (so dass allerdings eine ganze Ebene sich in
Luft auflöste, mag diese Ebene auch kaum
einem Leser auffallen ...) oder nicht veröffentlicht
zu werden. Ich ärgerte mich
die nächsten Jahre, dass ich darauf
eingegangen war und war froh, als ich die Geschichte endlich ganz veröffentlichen konnte.
Andererseits war das eine meiner ersten Veröffentlichungen
gewesen (neben NOVA 5, FANTASIA 164 und 172/73, und QUABER MERKUR 95/96).
Michael Schmidt: Balkonstaat
aus NOVA 13 ist eher eine politische Geschichte. Was ist die Intention
dahinter?
Ralph Doege: Im Grunde schrieb ich sie „für“ einen Wettbewerb, in dem es um
Überwachung ging. Ich wollte
wohl das Verschwinden der Privatssphäre
aufzeigen … Also, ich wollte immer etwas
mit Balkons machen - und als der Wettbewerb kam - und da man sich auf dem
Balkon nicht selten beobachtet fühlt
...
Michael Schmidt: Deine Sammlung Ende der Nacht hat ein tolles Cover. Vom wem ist es und wie kam es
dazu?
Ralph Doege: Das Cover ist von Ai Shinohara, einer japanischen
Künstlerin, die ich zufällig beim Suchen nach möglichen Covern fand. Eine
japanische Freundin half mir ein wenig mit dem Kontakt, und nachdem ich Herrn
Ryuhei Sugita (von der Gallery MoMo in Tokio) mein Anliegen erklärte, ging alles Weitere
problemlos.
Michael Schmidt: Ende
der Nacht ist von 2010. Ist das Buch noch erhältlich
und wird es eine Neuauflage geben?
Ralph Doege: Vorerst wohl nicht. Obwohl ein anderer Verlag
schon darüber nachgedacht hat.
Michael Schmidt: Wie kam es zu dem Buch? Und warum gerade
Deltus?
Ralph Doege: Das ist eine lange und komplizierte Geschichte,
die ich leider nur sehr abstrakt erzählen
kann, weil ich dabei ungern Namen nenne. Es war in etwa so, dass ein Freund von
mir schon seit Jahren mit dem Gedanken spielte, einen Verlag zu gründen, um mich zu verlegen. Er
machte dann tatsächlich einen
Verlag. Und er überredete
mich, einen Band mit Erzählungen
heraus zu bringen. Ich begann damit, den Band zusammen zu stellen - und wie das
so ist: Man beginnt zu streiten - und da sagte ich: Okay, bevor wir uns weiter
streiten (um Kleinigkeiten wie das Titelbild), gehe ich lieber zu einem anderen
Verlag. Ich fand einen, der interessiert war. Aber da ging alles so langsam
voran, dass ich ein wenig die Geduld verlor. Da sagte dann ein weiterer Freund
von DELTUS, dass er das Buch macht, weil er DELTUS ohnehin nicht wirklich
weiter führen würde, damals spielte er mit dem Gedanken, den Verlag
zu verkaufen … Und da wurde
dann das Buch draus ...
Michael Schmidt: Hast du eine Lieblingsgeschichte im Buch?
Ralph Doege: Das ist etwas schwer zu beantworten. Es gibt
Geschichten, an die ich sehr häufig
denke, wie KAGO AI ODER DAS ENDE DER NACHT, die ja auch ins Englische übersetzt wurde, oder
ZOMBIE!MUSIC FOR ZOMBIE!PEOPLE. Aber Lieblingsgeschichten … Kann ich nicht sagen.
Michael Schmidt: Wie würdest
du das Buch einem potenziellen Leser anpreisen?
Ralph Doege: Gar nicht. Eigenwerbung ist nicht mein Ding. Ich
sag zu Bekannten immer: Kauf es, aber lies es nicht!
Michael Schmidt: 2010 ist ja schon eine Weile her. Was ist
seitdem aus deiner Feder erschienen?
Ralph Doege: Nicht viel. Eigentlich nur BOCA DO INFERNO in der
Anthologie DIE GROSSSTÄDTER, DER
REGENMACHER in der Anthologie DIE GROSSE STREIFENLÜGE und die englische Übersetzung
von KAGO AI ODER DAS ENDE DER NACHT in
der Anthologie DADAOISM.
Michael Schmidt: Worüber
darf sich den der Leser in Zukunft freuen? Woran arbeitest du und was erscheint
2014?
Ralph Doege: Was das Schreiben angeht, nicht sehr viel. Ideen
habe ich für etwa 4 Bücher und einen (oder mehr) Film(e),
aber ob was daraus jemals wird, wird sich zeigen. Momentan stecke ich eher
meine Energie in die Vorbereitungen für
den oben erwähnten (oder
nicht erwähnten) Verlag.
Ralph Doege: Lasst es euch gut gehen!
Kommentare
Kommentar veröffentlichen