Ellen Norten (Interview)
Michael Schmidt: Hallo Ellen! Stell dich doch bitte mal vor!
Ellen Norten: Hallo Michael, manch einer wird mich schon kennen, ich
schreibe seit 2011 Belletristik, davor war ich als Wissenschaftsjournalistin
bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten tätig. Ich bin gerade 60 Jahre
alt geworden und habe mir ein heiteres Gemüt bewahrt, sprich ich lache gern und
schere mich wenig um Konventionen. Das schlägt sich natürlich auch in meinen
Texten nieder. Als Wissenschaftsjournalistin habe ich immer gerne skurrile
Themen aufgegriffen und seit ich mich der Belletristik zugewandt habe, kann ich
meinen Neigungen ganz frei folgen. So entstand das Reisebuch: Conni Mainzelmann – Wie ich die Welt sehe, in dem ich aus der Mainzelmännchenperspektive
Reisebeobachtungen aus elf Ländern schildere. Wen wundert es also, dass ich das
heitere Element nun auch in der Welt der SF und der Phantastik gesucht habe.
Und es hat geklappt. Auf die Ausschreibung zu meiner ersten Anthologie haben
sich 75 Autorinnen und Autoren gemeldet und ich habe wirklich viele gute und sehr
lustige Geschichten erhalten, mehr als ich in einer Anthologie unterbringen
konnte.
Michael Schmidt: Was erwartet den Leser bei Ein Alien tanzt Kasatschok und wie kam
es zu dem Titel für das Buch?
Ellen Norten: Viele Anthologien werden ja nach einer der darin enthaltenen
Story benannt, das wollte ich in diesem Fall nicht, denn der Titel soll als
eine Art „Etikett“ auf die Art der Stories hinweisen. Was drückt Lebensfreude
besser aus als der Tanz? Und wenn es um einen wirklich begeisternden und
stimmungsfrohen Tanz geht, dann ist dies für mich der Kasatschok. Die
Vorstellung, dass ein Alien Kasatschok tanzt hat etwas sehr komisches und so
schien mir der Titel bestens für die Anthologie geeignet. Konkret getanzt wird hingegen nur in einigen
Geschichten, aber die Dinge, die da passieren sind wirklich heiter, sie sind
komisch, skurril oder obskur und sie sind nicht trist, grausam oder tiefdramatisch.
Davon höre und sehe ich schon in der Tagesschau genug. Wer die Anthologie liest
darf sich auf ein paar heitere Stunden freuen, zum Schmunzeln und amüsieren,
man muss die Welt und in diesem Fall gleich das ganze Weltall nicht zu ernst
nehmen.
Michael Schmidt: Welche Autoren sind in dem Buch vertreten
und nach welchen Kriterien hast du die Storys ausgewählt?
Insgesamt sind 25 Autorinnen und Autoren vertreten, konkret
sind es Marion Jaggi, Joachim Pack, Uwe Voehl, Marianne Labisch, Nikolaj
Kohler, Johann Seidl, Monika Niehaus, Ruth Schmiedberger, Andreas Fieberg,
Hubert Katzmarz, Michael Schmidt, Michael J. Awe, Bernhard Horwatitsch, Harald
A. Weissen, Zaubi M. Saubert, Paul Sanker, Regine Bott, Angela Stoll, Ralf
Boldt, Thomas Habenicht, Enzo Asui, Tobias Bachmann, Gabriel Maier, Thomas
Morawetz und eine Geschichte von mir selbst.
Es sind eine Reihe von Autoren vertreten, die ich schon
vorher persönlich kannte, deren Literatur ich bereits schätzte und die ich zu
dem Projekt konkret eingeladen habe. Andere Stories stammen von Autoren, deren
Namen mir unbekannt waren oder von denen ich noch nie etwas gelesen hatte. Ich
habe versucht die Geschichten zu lesen, ohne dabei über den Autor nachzudenken. Neben gutem Schreibstil mussten
die Stories mich von der Idee her überzeugen und sie mussten eben lustig oder
komisch sein, aber natürlich nicht kalauern, zumindest gilt dies für meine
Wahrnehmung. Außerdem habe ich versucht eine große Bandbreite abzudecken,
sprich verschiedene Themen aus der SF, wie auch der Phantastik und dem Horror
reinzunehmen. Überraschender Weise gab es einige Stories, die recht ähnlich
daherkamen, obwohl die Autoren vermutlich nicht miteinander in Kontakt standen.
Die Ideen sind da vermutlich parallel entstanden und ich habe mich schweren
Herzens für eine Geschichte entscheiden müssen, da ich zu viele Ähnlichkeiten
vermeiden wollte.
Michael Schmidt: Von wem stammt das Titelbild?
Ellen Norten: Lothar Bauer ist ein Illustrator mit breitem Themenspektrum,
der aus meiner Sicht sehr gut Stimmungen einfangen kann. Er hat schon mein Mainzelmännchenreisebuch gestaltet
und wir haben gut zusammengearbeitet, sprich er greift die Ideen, die mir
vorschweben auf und setzt sie künstlerisch um. Bei dieser Anthologie ist ihm
der schwierige Spagat gelungen, Aliens beim Tanz im Weltall zu zeigen, ohne
diese lächerlich oder albern wirken zu lassen. Das Cover ist für mich ein
echter Hingucker, bei dem es viel zu entdecken gibt. Faszinierend finde ich
auch, wie die Aliens im Vorder- und Hintergrund grafisch ineinandergreifen.
Michael Schmidt: Eine Anthologie bietet ja immer breit
gestreute Geschichten, die Ideen und Stile sind unterschiedlich. Hast du
trotzdem ein paar Favoriten die dir besonders am Herzen liegen?
Ellen Norten: Natürlich gibt es Geschichten, die meinen ganz persönlichen
Humor sehr genau treffen und bei denen ich besonders lachen musste. Das sind
die wirklich abgedrehten, wie etwa die Geschichte von Ruth Schmiedberger, wo es
um die Freundschaft zu einem lebenslustigen Hydranten geht, oder die von Regine
Bott, bei der ein Forscher zu einem selbstbewussten Huhn wird. Sehr skurril ist
auch Protoplasma mit Hut von Nikolaj
Kohler. Schon der Titel hat mich da angemacht.
Das heißt aber nicht, das diese Stories besser sind als die
anderen, sie treffen nur eine besondere Seite in mir und ich vermute, vielen
Leserinnen und Lesern wird es ähnlich ergehen, bei ihnen wird es vielleicht
eine ganz andere Story sein, die ganz besonders ins Schwarze trifft. Das ist
ähnlich wie bei Kabarettisten, der eine bevorzugt Hape Kerkeling, der andere
Dieter Hildebrandt.
Michael Schmidt: Wo kann man das Buch beziehen und was
kostet es?
Ellen Norten: Für 11,90 Euro ist die Anthologie über alle üblichen Wege zu
bekommen. P.machinery hat leider immer noch keinen Einkaufswagen auf der
Homepage, man kann das Buch aber einfach über eine Mail an michael@haitel.de bestellen und kriegt es
portofrei gegen Rechnung geliefert. Natürlich ist das Buch auch über den
Buchhandel zu beziehen, dort muss es, wie bei Kleinverlagen üblich, erst
bestellt werden. Manche Buchhändler scheuen leider diesen Aufwand, die das Beschaffen
macht. Da darf man sich nicht abwimmeln lassen. Trotzdem sorgt ein solches
Verhalten dafür, dass der Internetgigant Amazon immer mehr Kunden bekommt. Man
wird durch ein solches Verhalten ja wirklich dorthin getrieben und Amazon (Der Link zum Buch) hat
keine Probleme mit der Belieferung und weist sogar noch auf ähnliche Produkte
anderer Kleinverlage hin.
Michael Schmidt: Du schreibst selbst und hast eine Menge
Kurzgeschichten veröffentlicht. Welche würdest du einem Leser, der dich nicht
kennt, wärmstens ans Herz legen?
Ellen Norten: Also die Story „Sum, Sum, Sum“ in der Anthologie ist glaube
ich sehr typisch für mich. Da sind wirklich viele komische Elemente vertreten,
die Idee dahinter ist spannend und der Plot kommt recht unerwartet daher. Das
gilt auch für den „Geist unter der Zipfelmütze“ in den Andromedanachrichten Nr.247.
Die Idee darin ist wohl auch einmalig. Aber ich schreibe natürlich auch ernste
Dinge, wie etwa die „Horrorthek“ in Zwielicht Nr. 9.
Michael Schmidt: Science Fiction, so denkt man, ist eine
Männerdomäne, dabei gibt es viele Autorinnen, auch von Weltrang. Wie siehst du
die Stellung der Frau in der SF und gibt es so was wie weibliche SF?
Ellen Norten: Das glaube ich schon. Für mich ist männliche SF oft stark an
Technik geknüpft, oder an Gefechte, Kämpfe, Brutalität. Autorinnen zeigen in der SF oft viel Gefühl.
Aber keine Regel ohne Ausnahmen, es gibt Geschichten, deren Autorinnen und
Autoren beweisen genau das Gegenteil.
Michael Schmidt: Allgemein wird ja immer noch viel über
Benachteiligungen von Frauen besprochen und der Wirbel um den neuen US
Präsidenten Trump spricht ja Bände. Wie siehst du die Gleichberechtigung im
Allgemeinen und in der SF im speziellen?
Ellen Norten: Die Frauenbewegung hat aus meiner Sicht sehr viel erreicht,
auch wenn da manchmal über das Ziel hinausgeschossen wurde. Wenn ich daran
denke, dass meine Mutter meinen Vater noch um Erlaubnis fragen musste, ob sie
arbeiten darf und er ihr eine Anstellung verbieten konnte, dann hat sich in den
letzten Jahrzehnten wirklich viel getan. Was die SF angeht, so wird sie eher
mit Männern in Verbindung gebracht, aber ich glaube nicht, dass ich als Frau da
schlechter behandelt werde. Wer seinen Kopf aus dem Fenster steckt muss damit
rechnen auch kritisiert zu werden. Sicher wird es Leserinnen und Leser geben,
denen das kasatschoktanzende Alien nicht gefallen wird. Vielleicht weil diese
Leser eher ernst und „vernünftig“ sind, aber ich hoffe, dass dies nicht mit
meinem Geschlecht als Herausgeberin zusammenhängen wird. Ich selbst habe
jedenfalls noch keine geschlechtsspezifische Kritik bekommen, zumindest bis
heute nicht.
Michael Schmidt: Hast du selbst mal zu spüren bekommen, das
es Frauen in der Phantastik schwieriger haben?
Ellen Norten: Nein, ich bin ja erst seit 2011 unter die Schreiberlinge
gegangen. Mir scheint es da relativ ausgeglichen zuzugehen, aber ich weiß aus Erzählungen,
dass dies in der Vergangenheit wohl ganz anders sein konnte. Außerdem muss ich
dazu sagen, dass ich ziemlich dickfällig bin und so manchen Seitenhieb wohl gar
nicht bemerke. Mir gefällt was ich schreibe, andernfalls würde ich es nicht zu
Papier bringen. Für konstruktive Kritik bin ich immer offen und freue mich
sogar darüber, über eigene Geschichten kontrovers diskutieren zu können. Da können
die Story oder auch ich selbst dann durchaus von profitieren.
Michael Schmidt: Wir leben in schwierigen Zeiten. Hilft da
phantastische Literatur, den Kopf über Wasser zu halten oder kann man sogar
Lehren aus ihr ziehen?
Ellen Norten: Ich glaube, die Zeiten waren immer schwierig. Meine
Großeltern haben zwei Weltkriege erleben müssen, früher haben Seuchen ganze
Landstriche entvölkert – um nur zwei Beispiele zu nennen. Phantastische
Literatur erlaubt die Realität zu verlassen, auch wenn eine innere Logik dabei
gewahrt bleiben muss. Man kann Szenarien bis zum Ende durchspielen und Grenzen
in den Gedanken und Gewohnheiten überwinden. Daraus lässt sich sicher auch für
den Alltag lernen. Neue Gedanken zu entwickeln kann großen Spaß machen und den
Mut für ungewöhnliche Dinge und Taten stärken.
Michael Schmidt: Du bist selbst journalistisch tätig und durch
das Internet geistert Conni Mainzelmann. Klär doch mal die reisefreudige
Gesellschaft auf um was es da geht!
Ellen Norten: Conni Mainzelmann ist eine gut 50 Jahre alte
Mainzelmännchenfigur. Er stammt noch aus meiner Kindheit und ich bin ja seit
dieser Zeit bekennender Mainzelmännchenfan. Während ich diese Zeilen schreibe
lugt er übrigens aus seiner Transportsocke, die am Sitzpolster unseres
Wohnmobils befestigt ist hervor. Mein Mann und ich reisen viele Monate im Jahr
mit unserem fahrenden Untersatz durch Europa oder Nordafrika. Dabei
fotografieren wir unseren „Gummipröpel“ bei allen möglichen und unmöglichen
Gelegenheiten, oft zum großen Amüsement von Einheimischen oder Touristen. In
„seinem“ Buch berichtet Conni Mainzelmann
aus seiner Sicht. Conni (natürlich mein Lieblingsmainzelmännchen) ist
neugierig, unvoreingenommen und manchmal auch ein bisschen frech, allerdings
eher im liebenswerten Sinn. Und er hat eine überbordende Fantasie, mit der er
seine Beobachtungen ausschmückt. So erfährt man in den einzelnen Kapiteln viele
oft wenig bekannte Details aus den besuchten Ländern, die durch seinen
besonderen Blickwinkel amüsant gewürzt sind. Auf Facebook postet er seine
neuesten Bilder und manche seiner Freunde dort wissen gar nicht, dass er mit
mir in Verbindung steht und sich sogar als mein „Patenonkel“ ausgibt. Als
Buchautor ist er natürlich auch mit vielen Schriftstellern befreundet.
Michael Schmidt: Du verwaltest den Nachlass von Hubert
Katzmarz. Stell doch mal den Autor und die Bücher, die bei p.machinery
erschienen sind, vor!
Ellen Norten: Hubert Katzmarz ist mein verstorbener erster Ehemann. Als er
von einem Tag auf den anderen an einem Herzinfarkt starb waren wir fast 30
Jahre zusammen und es war das Schlimmste was ich je in meinem Leben erlebt
habe. Ich konnte mir ein Leben ohne ihn überhaupt nicht vorstellen. Wir waren
sehr vertraut miteinander, das galt natürlich auch für die Literatur. Während
unserer Ehe habe ich als Journalistin gearbeitet und Huberts literarische
Tätigkeiten immer sehr genau verfolgt
und geschätzt. Da waren seine eigenen Geschichten und der große Roman, der
heute fragmentarisch vorliegt. Und es gab seine verlegerische Tätigkeit in
seinem Kleinverlag, also die Buchprojekte und DAEDALOS, den Story Reader für
Phantastik. Viele Autorinnen und Autoren, wie etwa Monika Niehaus oder Uwe
Voehl sind mir schon aus dieser Zeit her bekannt gewesen.
Mir war es nach Huberts Tod im
Jahr 2003 wichtig, die Erinnerung an ihn lebendig zu halten. Hubert war ein
großartiger Mensch und ein hervorragender Literat. Schon 2004 erschien bei
Medusenblut/Boris Koch das Buch Nachtwanderung
mit einer Auswahl seiner Kurzgeschichten. Damals haben seine Freunde
Michael Siefener, der auch das Vorwort schrieb, Andreas Fieberg und Thomas
Franke, der das Buch illustrierte, dieses Projekt vorangetrieben, mir fehlte noch
die Kraft dazu.
Dann 2011 kontaktierte mich MichaelHaitel wegen einer Story von Hubert. Recht bald entstand zwischen uns die Idee,
sein Gesamtwerk herauszugeben. Zu diesem Zeitpunkt war ich auch innerlich
soweit und habe sämtliche Manuskripte von Hubert gesichtet, zeitlich sortiert
und geordnet. Herausgekommen sind zwei Bände „Schattenspiel“ und
„Alptraumhaft“, des Hubert Katzmarz gesammelter Werke Teil 1 und 2, die von mir
herausgegeben wurden und ebenfalls von Thomas Franke illustriert sind. Es gibt
noch einige wenige Fragmente von Hubert, die nicht in diesen Büchern abgedruckt
sind. Zwei dieser Fragmente erschienen in Deiner Reihe „Zwielicht classic“ und
„Thuban“ ist für den diesjährigen Kurd –Laßwitz- Preis, als beste
Kurzgeschichte nominiert worden. Ich drücke Hubert sehr die Daumen. Er hat sich
selbst nicht gut vermarkten können und ich wünsche ihm, dass er posthum so viel
Anerkennung wie möglich bekommen wird.
Bei p.machinery ist außerdem die Gedenkanthologie
„Abschied von Bleiwenheim“, Hrsg. Andreas Fieberg, AndroSF 36, 2013 erschienenen.
In diesem Buch erinnern Autoren und Autorinnen mit ihren Geschichten an Hubert
und er selbst wird ebenfalls mit einem Text vorgestellt. Übrigens ist Hubert auch
in der Anthologie „Das Alien tanzt Kasatschok“ vertreten. Die Doppelte Hochzeit darin ist die einzige
Nicht-Erstveröffentlichung. Die Story ist so komisch und einzigartig, dass ich
sie einfach in den Reigen aufnehmen musste.
Michael Schmidt: Ich finde, gerade in den aktuellen Zeiten,
in denen Bücher schon nach wenigen Monaten wieder in der Versenkung
verschwinden, ist es sehr löblich, das Gedenken an Autoren und ihre Werke
hochzuheben, gerade, wenn es keine Bestseller sind. Wie findest du diesbezüglich
die deutsche Phantastik Szene und gibt es Autoren oder Werke, denen du eine
Neuveröffentlichung wünschen würdest?
Ellen Norten: Wer sicher im Bereich des Horrors eine gewisse
Unsterblichkeit erlangen wird ist Malte S. Sembten. Er hat eine große Lücke hinterlassen und ich
hätte gern noch mehr von ihm gelesen. Auch habe ich seine Beiträge auf Facebook
immer sehr geschätzt. Ich stelle mir übrigens vor, wie Hubert und er nun „da
oben“ diskutieren, um nicht zu sagen weiter streiten, wie sie es zu Lebzeiten
gern getan haben.
Die Deutsche Phantastik Szene achtet aus meiner Sicht sehr
auf Autoren, die nach ihrem Tod in Vergessenheit zu geraten drohen. Da gibt es
Hintergrundartikel zu ausgewählten Schriftstellern und es werden, so ja auch
von Dir, Geschichten erneut veröffentlicht, die zunächst nur in
auflagenschwachen oder wenig bekannten Publikationen vorlagen. Das halte ich
für eine wichtige Sache, die im heutigen Mainstreamliteraturbetrieb sicher zu
kurz kommt.
Michael Schmidt: Und welcher der aktuellen Autoren hätte
deiner Meinung nach mehr Aufmerksamkeit verdient?
Ellen Norten: Das finde ich sehr schwer zu sagen und es ist auch die
Frage, wie diese Aufmerksamkeit aussehen sollte. Ein Trend in der Phantastik
besteht ja u.auch darin, die Auflagenhöhe eines Buches bewusst zu verknappen
und so die Nachfrage zu steigern und Sammler zu motivieren. Da ist z.B. bei
Eric Hantsch und seiner Edition CL der Fall. Von den kostbar angelegten und
handsignierten Büchern erscheinen nur 100 bis 150 Exemplare. Andere Autoren
werden über Preise ausgezeichnet, doch die wenigsten können von ihrer Schreibe
leben. Das ist schade und ich würde eigentlich sehr vielen Autoren wünschen,
dass sie nicht die meiste Zeit des Tages ihrem Brotberuf widmen müssen.
Michael Schmidt: Woran arbeitest du
aktuell und wird es einen Nachfolger von Ein
Alien tanzt Kasatschok geben?
Ellen
Norten: Ich bin im Moment etwas auf „Abwegen“
unterwegs. In meinem neuen Wohnort Halle/Saale bin ich schon zwei Mal beim
Poetry-Slam aufgetreten und mit „Mein süßer Parasit“ habe ich bei meinem ersten
Science-Slam den vierten Platz gemacht.
Aber ich habe natürlich auch schon Ideen für neue Stories und dann gibt es noch
meinen Familienroman, der sich über vier Generationen erstreckt, sich an meiner
eigenen Familie orientiert und den ich noch einmal überarbeiten möchte. Außerdem
gebe ich mit Michael Siefener zusammen die Anthologie DAEDALOS 1994 - 2002 eine literarische Reise durch den Story Reader für Phantastik heraus, der ebenfalls bei p.machinery
erscheinen wird. Es handelt sich um ein „Best off“ der Ausgaben, die damals von
Michael Siefener und Hubert Katzmarz gemeinsam herausgegeben wurden und die
heute fast schon Kultstatus haben.
Was das tanzende Alien angeht, so
könnte ich mir gut vorstellen, dass es weitertanzen möchte. Das hängt natürlich
davon ab, wie das Buch bei seinen Leserinnen und Lesern ankommt. Bisher
ist das Interesse groß, aber man soll den Tag nicht vor dem Abend loben. Und
das letzte Wort dazu hat ohnehin der Verleger Michael Haitel. Vielleicht wird
es eines Tages eine Anthologie „Das Alien tanzt Polka“ geben. Ich zumindest
hätte Lust dazu.
Michael Schmidt: Ein Wort noch an
die Leute dort draußen!
Ellen Norten: SF, Phantastik und zum Teil auch
der Horror fristen in Deutschland aus meiner Sicht und völlig zu Unrecht eher
ein Nischendasein. Außerdem erfährt die Kurzgeschichte und damit auch die
Anthologie nicht die Aufmerksamkeit, die ihr gebührt. Wir sollten uns davon
nicht abschrecken lassen und auf Mainstream ausweichen. Wer Spaß an diesen
Themen hat sollte sich ihnen widmen und auch für sie
werben.
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