Zwi3licht Leseprobe
Michael Schmidt – Zwei Seelen in meiner Brust
Das Hämmern in meinem Kopf ist mörderisch. Im Takt meines Herzens
attackieren mich die Schmerzwellen hinter meiner Stirn.
Klopf! Klopf! Klopf!
Die Parodie eines hämmernden Technobeats. Unaufhörlich und beharrlich.
Ich versuche meinen Atem zu kontrollieren, hole tief Luft, doch der penetrante
Gestank macht alles noch viel schlimmer. Jetzt, wo es vorbei ist.
Das Hochgefühl ist viel zu schnell vergangen. Dieses
unbändige Triumphgefühl, der Durchfluss von Energie, der wie ein kribbelnder
Strom durch meine Adern pumpt. Hormone, die mir Glückseligkeit geben. Ein
Moment der Freude, der mich zum Weinen bringt.
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Diese Energie macht süchtig, süchtig nach mehr. Immer wieder genieße
ich den kurzen Moment der Gottähnlichkeit. Und nicht nur das.
Ein wenig später überkommt mich Erleichterung. Erleichterung ist eine
starke Emotion. Die ewigen Schuldgefühle fallen von mir ab. Ich werde
selbstsicher und nehme mit deutlicher Klarheit mein eigenes Ich wahr. Mit all
seinen Facetten und Nuancen.
Mein ungebändigter Drang nach Liebe. Meine Sehnsucht, wieder jung zu
sein, von meiner geliebten Mutter in den Arm genommen zu werden.
Diese Geborgenheit. Dieser Schutz.
Meine Verachtung für alle anderen weiblichen Wesen. Ihr ekelhafter
Geruch, ihre obszöne Gestik und ihre freizügigen Handlungen. Ihr mitleidiges
Lächeln, wenn sie meiner gewahr werden.
Frauen sind der Brennpunkt meines Hasses. Sie leiten meine Verwandlung
ein. Meine Metamorphose.
Deutlich erkenne ich meine Wut. Grenzenlose Wut, die aus den Tiefen
meines Innern emporsteigt und mich überkommt. Die meine Hilflosigkeit hinweg
fegt wie ein kräftiger Sturm das trübe Wetter. Ich bin stark, stark und
mächtig.
Mein Hass beherrscht mich, seine Intensität erklimmt bisher unerreichte
Höhen. Sammelt sich, lässt meine Hände zittern, mein Glied anschwellen, bringt
mich an den Rand des Wahnsinns. Kaum vorstellbar, wie die widerstreitenden
Gefühle in mir toben.
Liebe und Hass. Sanftheit und Wildheit. Ruhe und Aufgeregtheit.
Sinnlichkeit und pure Ekstase. Mein Körper und Geist werden von diesem Ansturm
erschüttert, er bringt mich zum Zittern und spült diesen Drang aus den unergründlichen
Tiefen meines Bewusstseins nach oben.
Den Drang nach Macht. Nach
Erleichterung. Nach Zufriedenheit.
Anschließend kommen die Kopfschmerzen. Der Vorgang erinnert an eine
Droge, die in ihrer Wirkung nachlässt und Entzugserscheinungen nach sich zieht.
Ich fühle mich leer. Schuldig. Ekele mich vor mir selbst.
Erkenne, welche Bestie ich bin. Das lässt mich würgen, nicht allein
wegen des durchdringenden Blutgeruchs im Zimmer. Ich bin wieder zurück von der
Reise in mein Inneres, die Wirklichkeit trifft mich hart und schmerzhaft.
Langsam komme ich wieder zu Bewusstsein. Die Kopfschmerzen ebben ab, es
wird Zeit, an die praktische Seite des Lebens zu denken. Ich streife die
Gefühle ab wie eine Schlange ihre alte Haut, die Leere in meinem Kopf genießend,
wissend, dass es irgendwann wieder beginnen
wird. Immer der gleiche Rhythmus.
Ich sehe hinab.
Das verzerrte Lächeln der jungen Frau ist im Tode in ihr Gesicht
gebrannt. Trotzdem sieht es aus, als ruhe sie sanft, doch ich weiß es besser.
Ihr Tod ist weder leicht noch schnell gekommen. Das verspritzte Blut legt
Zeugnis darüber ab.
Schließlich ist es ihr Leben, ihre Energie gewesen, welche die Leere in
meinem Innern gefüllt hat.
Ich habe ihre Kraft benutzt, ihre Pein und ihr Schmerz gaben mir für
den Moment die Kraft, mich wie ein Gott zu fühlen. Wenn auch nur für kurze
Zeit.
Ich erhebe mich und beginne, die Spuren meiner Tat zu verwischen.
Wie lange wird es anhalten? Wie lange dauern, bis mich dieser innere
Drang wieder überkommt und mich zu einem blutrünstigen Monster werden lässt?
Dessen Haar sich wie ein Fell über den kompletten Körper zieht und das dem Mond
huldigt.
Ich, die Bestie, halb Mensch und halb Wolf.
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