Matthias Ramtke (Interview)



Michael Schmidt: Hallo Matthias, herzlichen Glückwunsch zur Nominierung bei KLP als Beste Erzählung für In der Grube.

Matthias Ramtke: Danke! Ich war wirklich überrascht, als ich die Nachricht bekommen habe. Ich schreibe zwar in allen Bereichen der Phantastik, bediene die Science-Fiction dabei allerdings relativ selten. Umso grandioser ist es, für eben dieses Genre nominiert zu werden.

Michael Schmidt: Jetzt bin ich mit der Tür ins Haus gefallen. Stell dich doch mal vor!


Matthias Ramtke: Ich bin Jahrgang 1990 und wohne mit Frau und Tochter in Hohenstein-Ernstthal, der Geburtsstadt Karl Mays. Die Gegend hier ist sehr ländlich geprägt, und ich liebe das. Ich bin auf dem Dorf aufgewachsen und halte mich auch jetzt noch gern in der Natur auf, gehe wandern oder beschäftige mich in unserem kleinen Garten. Meine Brötchen verdiene ich als Erzieher in einem Hort. Kein leichter Job, weil man immer empathisch sein muss, geistig immer voll da, immer geduldig und immer konsequent. Aber es macht mir Spaß, vor allem auch, weil ich meine Passionen in den Beruf einbringen kann. Wenn ich nicht gerade schreibe, draußen unterwegs bin oder den Kindern zur Seite stehe, treibe ich Sport. Gern in allen möglichen Richtungen, am liebsten aber Kraftsport. Ich mag es, an die eigenen Grenzen zu kommen und sie zu erweitern, zu sehen, was Körper und Geist schaffen können, wenn sie im Einklang arbeiten. Klingt fast schon spirituell, merke ich gerade ☺

Michael Schmidt: War In der Grube deine erste Nominierung?

Matthias Ramtke: Tatsächlich, ja. Mittlerweile habe ich knapp 20 Kurzgeschichten und zwei Novellen veröffentlicht. Diese Nominierung zeigt mir, dass meine Schreibe in der Masse an Veröffentlichungen nicht untergeht, dass meine Geschichten gelesen und auch gemocht werden. Das ist ein tolles Gefühl und das motiviert mich natürlich, weiterhin gute Erzählungen abzuliefern.

Michael Schmidt: Worum geht es in  In der Grube?

Matthias Ramtke: Die Geschichte spielt auf einem Gefängnisplaneten und wir begleiten Dris, den Insassen einer Strafkolonie. Der arme Kerl ist dazu verpflichtet – besser: verdammt – das gelbe Pellant, Rohstoff für etwas, wovon Dris keine Ahnung hat, mit einem gigantischen Bohrer aus dem Planeten zu holen. Leider hat das Bohrloch mittlerweile ungeahnte Ausmaße angenommen und Dinge im Planeten geweckt, die besser geruht hätten. Da Dris der letzte Überlebende und damit einzige Insasse in jener Kolonie ist, sieht er sich allein mit der Gefahr aus dem Loch und vor allem mit seiner Psyche konfrontiert, die in den Monaten der Einsamkeit schwer gelitten hat. Die Geschichte ist recht düster und enthält eine gute Portion Horror, ohne dabei in eine blutrünstige Richtung abzudriften.

Michael Schmidt: Herzlichen Glückwunsch zur Nominierung zu Zombie Zone Germany beim Vincent Preis 2018. Du bist ja nicht unbeteiligt. Erzähl doch mal von Zombie Zone Germany und deinem Beitrag.

Matthias Ramtke: Die Zombie Zone Germany wurde von Torsten Exter in Zusammenarbeit mit dem Amrûn-Verlag ins Leben gerufen und startete 2015 mit einer Anthologie, die den vierten Platz beim Vincent-Preis erreichte. Das Szenario sieht folgendermaßen aus: Nach dem Ausbruch der Seuche im Mai 2020 wird 2021 eine Quarantäne über Deutschland verhängt. Niemand soll das Land verlassen können. Die Menschen sind also auf sich gestellt, allein mit den Nachwirkungen des Krieges der Vereinten Nationen gegen die Untoten – und natürlich allein mit den Untoten selbst. Die Zombie Zone Germany beleuchtet nun die Schicksale der Überlebenden in voneinander unabhängigen Novellen und Romane, unter anderem von Vincent Voss, Simona Turini oder meiner Wenigkeit. Ist mittlerweile wirklich groß geworden und wächst stetig weiter. Meine Novelle „Blutzoll“ spielt in meiner Heimatstadt, allerdings wurde diese beinahe vollständig zerstört. Zwei Brüder, Ben und Niklas Jäger, haben die Stadt neu gegründet und ihr den Namen Eden gegeben. Leider haben beide schwer mit den erlittenen Verlusten zu kämpfen, allen voran Ben, der davon besessen ist, seine zombifizierte Frau zu finden und zu retten. Die beiden entzweien sich und die Stadt wird geteilt. Nun kocht jeder sein eigenes Süppchen, angetrieben von Missgunst, Habgier und Arroganz und auf den Schultern der Bewohner Edens. Da der Winter jedoch vor der Tür steht und die Nahrung zur Neige geht, müssen sie eine friedliche Lösung für ihre Probleme finden. Die Untoten sind in „Blutzoll“ zwar eine ständige und durchaus aktive Bedrohung, aber der wahre Kern des Übels liegt bei den Menschen selbst. Die Geschichte hält ein paar Überraschungen und Wendungen bereit und ist nichts für Zartbesaitete. Es geht ab und zu schon ordentlich zur Sache. Ich achte aber stets darauf, dass Gewalt in meinen Geschichten nie zum Selbstzweck verkommt, sondern Hand und Fuß hat, Konsequenzen nach sich zieht, innerhalb der Handlung Sinn macht.

Michael Schmidt: Werden da weitere Geschichten aus deiner Feder erscheinen?

Matthias Ramtke: Auf jeden Fall versuche ich, für die derzeit laufende Ausschreibung zur zweiten Anthologie einen Beitrag einzureichen – ist natürlich keine Garantie, dass die Story dann auch erscheint. Ob es eine weitere Novelle oder sogar einen Roman von mir geben wird, kann ich nicht sagen, einfach weil ich es noch nicht weiß. Ich arbeite im Kopf nicht daran, aber manchmal packt mich die Muse arg unvermittelt. Ich möchte keine „normale“ Zombiegeschichte abliefern, wie es sie schon zur Genüge gibt, sondern eine neue Erfahrung ermöglichen. In einem Themenbereich, der über die Jahre aber schon in allerlei möglichen Formen und Facetten beleuchtet und ausgeschlachtet wurde, ist das gar nicht so einfach. Ich denke, mit „Blutzoll“ ist mir das schon teilweise gelungen. Ob ich diesem meinem eigenen Anspruch irgendwann ein zweites Mal gerecht werde – mal sehen ☺

Michael Schmidt: In Scherben ist deine Geschichte Kein Mittelweg enthalten. Worum geht es da?

Matthias Ramtke: In „Kein Mittelweg“ erhält Viper von Vernaisse den Auftrag, eine Gruppe Eiersammler in den Bruch, eine Klamm, zu eskortieren, da es sich um sehr wertvolle Phönixeier handelt, die man nur dort finden kann, und es in der Vergangenheit immer wieder Probleme gegeben hat, Sammler sogar Opfer von Attentaten oder Anschlägen geworden sind. Die Eier sollen bei einem großen Fest in Isaport verkauft werden und bringen horrende Preise. Viper findet heraus, dass eine Räuberin, Füchsin genannt, und ihre Bande die Aktion vereiteln wollen. Er spürt die Frau auf und erfährt von ihr Einiges über die Phönixe und ihre Eier, was ihn an seinem Auftrag zweifeln lässt. So gerät er zwischen die Fronten und versucht nun, einen blutigen Konflikt zu vermeiden. „Kein Mittelweg“ ist die bislang längste erschienen Geschichte mit Viper von Vernaisse und ich bin sehr froh, dass sie einen Platz in „Scherben“ erhalten hat, dass ich sie gedruckt in Händen halten darf.

Michael Schmidt: Viper ist nicht das erste Mal aufgetreten. Welche weiteren Geschichten gibt es und sind neue Veröffentlichungen geplant?

Matthias Ramtke: Viper hatte – mit der Story in „Scherben“ - bisher fünf Auftritte. Die erste Geschichte mit ihm erschien in der wirklich großartigen Anthologie „Helden gibt es nur imMärchen“ im Verlag Schwarze Ritter und heißt „Tochterfluch“. Darin geht es um eben genau das: Die Tochter eines Barons wurde verflucht und Viper soll das Problem lösen. Hat natürlich einen doppelten Boden, fast wie alle meine Erzählungen. „Verschwundene Kinder“ erschien ebenfalls 2017 in der mit dem Deutschen Phantastik Preis ausgezeichneten Antho „The U-Files: DieEinhorn-Akten“. Es ist eine sehr düstere, sehr unheimliche Geschichte, in der Viper sich mit allerlei Wahnvorstellungen und Fanatismus konfrontiert sieht. Die dritte Story heißt „Ein Lied für Jamilla“ und erschien in „Die Helden-WG: 3Zimmer, Küche, Axt“ im Verlag Ohneohren. Diese Story schlägt, vor allem bedingt durch die Nebencharaktere, einen deutlich leichteren Ton an. Auch die Geschichte „Von Kühen und Göttern“, die in der Anthologie „Schattenflammen“ im Bookspot-Verlag veröffentlicht wurde, wird von einer guten Prise Komik getragen, ohne dabei den ernsten Viper in ein lächerliches Licht zu rücken. Derzeit schreibe ich eine weitere Geschichte mit Viper als Protagonisten, die sich etwas verselbstständigt hat und fast schon zu einer Novelle angewachsen ist. Außerdem ist ein Roman fertig, an dem ich jedoch noch etwas Feintuning vornehmen muss. Ich hoffe, bald einen tollen Verlag zu finden, der sich Viper in Romanlänge annimmt. Ich habe recht viele, recht große Pläne mit dem Kerl. Die Welt, in der er agiert, ist mittlerweile wirklich detailliert ausgearbeitet und sie bietet eine Vielzahl an Möglichkeiten. Vorstellen könnte ich mir auch, Vipergeschichten als Novellen zu bringen, in einer Art Serienformat. Mal sehen, was die Zukunft bringt …☺

Michael Schmidt: 2019 ist ja schon nicht mehr neu. Woran arbeitest du gerade und welche Veröffentlichungen stehen an?

Matthias Ramtke: Ganz frisch erschienen ist „Siebenundzwanzig“, ein Krimi aus meiner Feder in „Sachsenmorde3“, inspiriert vom Fall des James Patrick Bulger. Demnächst erscheint noch die Anthologie „Virtuelle Welten“ im Mystic-Verlag, wo ich mit der Science-Fiction-Story „Eine zweite Chance“ vertreten bin. Außerdem stehen noch zwei weitere Veröffentlichungen in den Startlöchern: Eine Neuinterpretation von Schneewittchen in „Märchenmorde 1“ und eine Extrem-Horror-Geschichte in „Blutgrütze 5“. Derzeit schreibe ich an der bereits erwähnten Geschichte mit Viper von Vernaisse, danach beginne ich eine Story, die ich auf meiner Facebookseite kostenlos zur Verfügung stellen möchte, als Dankeschön an die Leser. Angefangen habe ich einen Space-Fantasy-Roman, dem ich mich demnächst wieder widmen werde. Ich würde es nicht als Science-Fiction bezeichnen, weil es einfach recht wenig Science ist. Im Kopf stehen auch noch Plots zu mehreren Horrorkurzgeschichten, die ich gern in einer Sammlung zusammenfassen würde. Damit möchte ich noch dieses Jahr fertig werden. Die Fans von Blutzoll warten schließlich auf Nachschub! :) Ich mache derzeit ziemlich viel parallel und wundere mich selbst manchmal, dass es so gut funktioniert, denn ich bin kein Schreiber mit Notizbuch. Meine Geschichten und Personen entwickeln sich während des Schreibens, den Rest behalte ich im Köpfchen. Lediglich bei meinem Viper-Roman bin ich damit an die Grenzen gekommen und habe mir während des Schreibens Notizen gemacht. Ich bin gespannt, was das Jahr noch bringt – Schreibstoff habe ich genug! ☺

Michael Schmidt: Ein letztes Wort an die Gemeinde draußen!

Matthias Ramtke: Unterstützt die kleinen Verlage, unterstützt die kleinen Buchhändler, unterstützt die kleinen Autoren! Viele davon haben es wirklich verdient. Und noch ein Wort an dich, Michael: Dir möchte ich gern danken, denn durch die Veröffentlichung meiner Geschichte „Subjektiv“ in der von dir herausgegebenen Anthologie „Ab 18!“ habe ich den nötigen Aufwind bekommen, die Schreiberei nicht an den Nagel zu hängen. Danke dafür!
 

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