Tetiana Trofusha (Interview)
Michael Schmidt: Liebe Tetiana, stell dich doch bitte mal
vor!
Tetiana Trofusha: Ich bin in der Ukraine geboren und in
München aufgewachsen. Nach dem Abi bin ich nach Stuttgart gezogen, wo ich das
Studium Audiovisuelle Medien absolviert habe. Jetzt studiere ich Drehbuch in
Ludwigsburg.
Michael Schmidt: Deine Geschichte Coming Home aus Inspiration
ist für den DSFP und den KLP nominiert worden. Herzlichen Glückwunsch!
Tetiana Trofusha: Vielen Dank.
Michael Schmidt: Worum geht es in Coming Home?
Tetiana Trofusha: Um eine junge Frau, die glaubt, sie führe
ein perfektes Eheleben, bis sie merkt, dass irgendwas nicht stimmt.
Michael Schmidt: Hat die Geschichte Vorbilder oder bist du
da ganz frei an die Geschichte gegangen?
Tetiana Trofusha: Die Vorbilder kommen aus der Realität, in
der es leider immer noch Fälle von häuslicher Gewalt gibt. Mir war wichtig, auf
die psychische und soziale Gewalt aufmerksam zu machen, die man eben nicht
sofort bemerkt wie etwa ein blaues Auge.
Michael Schmidt: Du hast dich meines Wissens mit der
Geschichte für ein Drehbuch beworben. Kläre den Sachverhalt doch mal auf!
Tetiana Trofusha: Ich hab mich mit einem Kurzfilmdrehbuch zu
Coming Home für ein Drehbuch‑Studium an der Filmakademie Baden-Württemberg beworben.
Dort studiere ich jetzt seit zwei Jahren.
Michael Schmidt: Zwei Jahre Drehbuch‑Studium. Verändert das eine Autorin? Geht man anders an das Schreiben ran oder ist das Drehbuchschreiben etwas völlig anderes?
Tetiana Trofusha: Ich denke nicht, dass Drehbuchschreiben etwas völlig anderes ist. Der größte Unterschied ist das Medium selbst. Ein Drehbuch ist die Vorstufe des Films. Daher muss es visuell funktionieren – anders als ein Roman. Darauf habe ich schon immer beim prosaischen Schreiben geachtet, aber nicht so konsequent wie nach zwei Jahren Drehbuchstudium.
Wo ich eine starke Veränderung sehe, ist meine Herangehensweise ans Schreiben selbst, also strukturell und dramaturgisch. Ich war schon davor eine Plotterin, jetzt ist es extrem. Bis auf ein paar Profis schreibt keiner gleich das Drehbuch. Zuerst kommt das Exposé, dann das Treatment und erst dann das Drehbuch. Bei dem Roman, an dem ich gerade arbeite, mache ich das genauso. Weil es sich gut anfühlt, genau zu wissen, in welcher Szene was passiert. So kann ich auch besser die Dramaturgie beurteilen. Die ist mir dank dem Studium sehr wichtig geworden. Früher hab ich gedacht, irgendwelche dramaturgischen Konzepte würden die Kreativität einengen. Das ist totaler Schwachsinn. Sie helfen, das beste aus einer Geschichte herauszuholen.
Ich denke, was sich nie ändern wird, ist mein Anspruch an Stil und Sprache. Die Sprache in einem Drehbuch ist rein funktional. Daher kann ein Drehbuch stilistisch katastrophal geschrieben sein, Hauptsache daraus wird ein geiler Film. Wenn mir sowas zum Lesen unterkommt, krieg ich die Krise. Da denke ich zu prosaisch.
Michael Schmidt: Zwei Jahre Drehbuch‑Studium. Verändert das eine Autorin? Geht man anders an das Schreiben ran oder ist das Drehbuchschreiben etwas völlig anderes?
Tetiana Trofusha: Ich denke nicht, dass Drehbuchschreiben etwas völlig anderes ist. Der größte Unterschied ist das Medium selbst. Ein Drehbuch ist die Vorstufe des Films. Daher muss es visuell funktionieren – anders als ein Roman. Darauf habe ich schon immer beim prosaischen Schreiben geachtet, aber nicht so konsequent wie nach zwei Jahren Drehbuchstudium.
Wo ich eine starke Veränderung sehe, ist meine Herangehensweise ans Schreiben selbst, also strukturell und dramaturgisch. Ich war schon davor eine Plotterin, jetzt ist es extrem. Bis auf ein paar Profis schreibt keiner gleich das Drehbuch. Zuerst kommt das Exposé, dann das Treatment und erst dann das Drehbuch. Bei dem Roman, an dem ich gerade arbeite, mache ich das genauso. Weil es sich gut anfühlt, genau zu wissen, in welcher Szene was passiert. So kann ich auch besser die Dramaturgie beurteilen. Die ist mir dank dem Studium sehr wichtig geworden. Früher hab ich gedacht, irgendwelche dramaturgischen Konzepte würden die Kreativität einengen. Das ist totaler Schwachsinn. Sie helfen, das beste aus einer Geschichte herauszuholen.
Ich denke, was sich nie ändern wird, ist mein Anspruch an Stil und Sprache. Die Sprache in einem Drehbuch ist rein funktional. Daher kann ein Drehbuch stilistisch katastrophal geschrieben sein, Hauptsache daraus wird ein geiler Film. Wenn mir sowas zum Lesen unterkommt, krieg ich die Krise. Da denke ich zu prosaisch.
Michael Schmidt: Du bist jung und weiblich, die SF Szene
gilt als Domäne des alten weißen Mannes. Geht man als junge Autorin anders an
SF Stoffe heran oder siehst du da keinen Unterschied?
Tetiana Trofusha: Ich weiß nicht, wie alte weiße Männer an
SF rangehen, und ich bezweifle, dass es alle gleich tun. Wenn mich ein Thema
interessiert – in diesem Fall: mich aufregt –, schaue ich, ob ich darüber
schreiben möchte. Wenn ja, dann mache ich das auch. Klar, habe ich dann auf
diese Themen eine junge Sicht, entsprechend sind auch die Aussagen meiner
Geschichten. Weiblich ist sie bestimmt auch irgendwo. Bin ja schließlich eine
Frau. Was ich aber nicht mache: Nur für Frauen und nur über Frauen zu
schreiben.
Michael Schmidt: Aktuell gibt es eine Diskussion darüber, ob
SF Autorinnen in der Wikipedia besonders hervorgehoben werden sollten und es
scheinen sich da zwei unversöhnliche Lager aufzutun. Findest du, dass es
Autorinnen schwer haben wahrgenommen zu werden?
Tetiana Trofusha: Ich bin eine Gegnerin jeglicher
Bevorzugung aufgrund des Geschlechts. Was ist die Leistung einer SF‑Autorin?
Ihre Geschichte, nicht ihre Vagina. Warum sollte sie also besonders
hervorgehoben werden? Das wäre genauso, wie wenn wir männliche Liebesroman-Autoren
extra kennzeichnen würden: Schaut mal, der hat zwar einen Penis, kann aber
trotzdem über Liebe schreiben.
Aber ich gebe zu, dass SF-Autorinnen in dieser Domäne
schwerer haben. Woran das liegt? Da gibt es bestimmt Studien. Ich persönlich
glaube, es liegt mitunter an der Erziehung. Früher brachte man vielen Kindern
bei, dass Mathe für Mädchen zu schwer sei. Von Physik, Chemie und Informatik
ganz zu schweigen. Das war noch in meiner Klasse so. Wie soll man mit diesem
Denken eine SF‑Autorin ernst nehmen? Die Medien machen auch ihren Teil. Fragt
man google nach Filmvorschlägen, bekommt man Artikel wie „Pures Testosteron:
Filme für Männer!“ und „Was Frauen wollen: Die besten Frauenfilme“. Beide
Listen enthalten je fünfundzwanzig Filmtitel. Wie viele SF-Filme stehen auf der
ersten Liste? Sechs. Und auf der zweiten? Richtig. Keine. Was ist die
Schlussfolgerung? Frauen interessieren sich nicht für SF. Wie sollen sie es
dann schreiben können? Und das waren nur zwei Beispiele.
Michael Schmidt: Was macht in deinen Augen eine gute SF
Geschichte aus?
Tetiana Trofusha: Eine gut durchdachte Welt, interessante
Figuren und ein relevantes Thema. Und bitte Spannung.
Michael Schmidt: Welche Geschichten hast du außer Coming
Home noch veröffentlicht und worum geht es da und wo kann man sie beziehen?
Tetiana Trofusha: Noch keine.
Michael Schmidt: Stehen weitere Veröffentlichungen an?
Tetiana Trofusha: Das hoffe ich doch.
Michael Schmidt: Woran arbeitest du gerade?
Tetiana Trofusha: An drei Sachen: Im Rahmen des Studiums an
einem Drehbuch für einen Kurzfilm für Kinder, der nächsten Sommer verfilmt
werden soll; an einem Drehbuch für einen abendfüllenden Film, der auf Coming
Home basiert. Da befinden wir uns in der Vorproduktion. Und ich schreibe an
einem dystopischen SF‑Roman, in dem mehrere junge Menschen um Freiheit und
Gleichheit in einer Welt kämpfen, die von einer außerirdischen Spezies
beherrscht wird.
Michael Schmidt: Noch ein Wort an die Menge dort draußen!
Tetiana Trofusha: Viele Menschen denken immer noch, dass SF gleich
Weltraumschlachten sei. Bitte lest ein paar SF-Bücher oder schaut euch ein paar
SF-Filme an. Ihr werdet feststellen: Es gibt viel mehr als nur Star Wars und
Star Trek in diesem Genre.
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