Aton
Ein Haufen Geschichten haben sich im Laufe der Zeit angesammelt. Geschichten verschiedenster Genres, verschiedenster Art. Zeit genug, die Geschichten Stück für Stück zu präsentieren:
Aton (aus Der letzte Turm vor dem Niemandsland)
Leseprobe:
Ein
gleißender Blitz erhellte die Szenerie. Wenig später rollte der Donner die
Bergkette herunter und ließ den Bergkamm erzittern. Es war die Zeit zwischen
Tag und Nacht und im Dämmerlicht fand ein Kampf um Leben und Tod statt.
Der
Blitz zeigte einen gewaltigen Krieger, der seine beiden Schwerter wie ein
Dreschflegel durch die Luft wirbelte. Funken sprühten und umtanzen ihn mit
jedem abgewehrten Schlag, doch seine gewaltigen Muskeln zeigten schon deutliche
Zeichen der Schwächen. Von Minute zu Minute wurde sein Schwertwirbel langsamer,
seine Reaktionen verhaltener.
Der
langhaarige Hüne sprang zurück, wagte einen Ausfall in seinen Rücken, dort, wo
nur drei Gegner ihm entgegen traten und prompt schaffte er den Ausbruch. Doch
dieser Ausbruch war nur eine Farce, eine Einbandstraße ins Verderben. Seine
Gegner hatten ihn in eine Falle gelockt.
Natal,
ein riesiger Krieger mit wallendem rotem Haar, gab seiner Horde das Zeichen zum
finalen Angriff. Mit einem gellenden Schrei auf den Lippen sprang er vor, ein
mörderisches Glitzern in seinen blauen Augen und trieb den Verteidiger mit
einer Salve an Schlägen vor sich her. Der braunhaarige Hüne parierte zwar
mühelos jede der Attacken, musste aber immer weiter zurückweichen. Verzweifelt
versuchte er einen Ausfall, fintierte mal oder versuchte es mit brutaler
Gewalt, aber seine Widersacher waren zu zahlreich und zu stark.
Seine
sieben Gegner rückten vor und trieben ihn unerbittlich den Bergkamm hinauf. Die
Hiebe prasselten auf ihn ein wie Monsun in der Wendezeit. Kontinuierlich und
unentwegt.
Schweiß
rann in riesigen Bächen seinen Körper herunter und machte die Schwerter in
seinen riesigen Pranken schlüpfrig, sodass er Mühe hatte, sie fest zu halten.
Ein letztes Mal bäumte er sich auf, kämpfte sich rückwärts, dabei all seinen
Hass in die Schläge legend und das war nicht wenig.
Phols Schergen, ihr werdet mit mir
untergehen! Und du, Natal, wirst den grausamsten Tod sterben!
Plötzlich
verstärkten seinen Gegner ihre Angriffsbemühungen und setzten ihn unter gewaltigen
Druck. Schritt für Schritt musste er zurückweichen, wurde vollkommen in die
Defensive gedrängt. Und so kam es wie es kommen musste.
Er
stolperte, wich in höchster Not zurück, bevor er spürte, wie sein Tritt ins
Leere ging.
Ein
kurzer Moment der Schwerelosigkeit, der scheinbar ewig anhielt. Dann der freie
Fall!
Das war es. Ihi, sei meiner gnädig, dachte er noch, dann prallte er in
einen Felsen und sein Leib wurde zerschmettert.
Wie
Feuer durchfuhr ihn der Schmerz, breitete sich in seinen Knochen und in seinen
Eingeweiden aus. Brachte ihn zum Schreien. Das Echo hallte in der Schlucht und
löste einen Stein, der sich weit oben von
einem Felsvorsprung löste. Nur wenig später spürte er, wie sich etwas
Riesiges, Heißes in seinen Rücken bohrte. Dann explodierte die Welt in den
schillerndsten Farben, bevor sie in völliger Dunkelheit verging.
Seine Lippen sind trocken und
rissig. Er hängt aufgespießt an einer Felsnase. Um ihn herum donnert der Regen
und seine Heftigkeit umspült ihn, treibt Schlick den Hang hinunter und
schmirgelt seine Haut.
Der Regen lässt irgendwann nach. Ihm
folgt die Hitze, anhaltend und allgegenwärtig. Mit der Hitze kommen die Fliegen
und nisten in seinen zahlreichen Wunden. Nach den Fliegen kommen die Käfer, die
Ameisen, die Skorpione. Halten sich an ihm gütlich und zehren an seiner Essenz.
Der Schmerz wird zu seinem allgegenwärtigen Begleiter.
Er liegt und liegt, vergessen und
verloren. Es wird Winter, Schnee bedeckt ihn bis zur Nasenspitze, doch selbst
in dieser Kälte krabbelt etliches Getier über ihn und in ihm. Es wird Frühling
und das Schmelzwasser reinigt ihn, bedeckt ihn von oben bis unten und bringt
einen neuen Schwung hungriger Mäuler. Der Sommer folgt und die trockene Hitze
lässt seine Haut platzen wie Talg im Feuer, eine ideale Brutstätte für den
Nachwuchs seiner Peiniger. Wieder Herbst, wieder Blitze und Donner, wieder der
Wechsel zwischen Trockenheit und Regen, zwischen Kälte und Hitze.
Ihi,
was habe ich getan? Erlöse mich von dieser unmenschlichen Qual.
Doch Ihi, der Gott der Musik, kennt
keine Gnade. Das Jahr vergeht. Eines folgt dem anderen, wechselt wie Tag und
Nacht, ein immerwährender Wandel. Sein Leiden ist unbeschreiblich und scheinbar
endlos.
Irgendwann erscheint eine kleine
und schmale Frau, beugt sich zu ihm hinab und küsst ihn sanft auf die Stirn.
Ihre grünen Augen mustern ihn ernst. Er erkennt in ihnen eine Ewigkeit, die ihn
einerseits schaudern lässt, ihm andererseits Zuversicht verleiht. Ihr zarter
Finger streicht über seine Wange und bringt seine Knochen zum Glühen. Doch nur
kurz, dann fühlt er, wie sich Muskeln heranbilden, die Haut sich spannt und
Haare am ganzen Körper zu sprießen beginnen.
„Die Zeit der Buße ist vorüber. Du
bist soweit. Jetzt ist die Zeit der Rache gekommen. Erhebe dich und gehe deines
Weges. Beizeiten wird sich deine Berufung erweisen.
Aton, so wird dein Name jetzt
lauten. Bis an das Ende aller Zeiten.
Geh, und bleibe dir immer treu!
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