Zion´s Fiction



 Zion´s Fiction ist eine Anthologie mit phantastischer Literatur aus Israel und erscheint Ende April bei Hirnkost. Das Buch erschien ursprünglich 2018. Enthalten ist eine Geschichte von Guy Hasson, der schon in Nova 6 eine herausragende Geschichte beisteuerte. Meinungen kann man hier nachlesen. Auch in Internova 1 (in englisch) ist eine weitere Geschichte des Autors erhältlich.

Bekannt ist auch Lavie Tidhar: Bibliographie deutschsprachiger SF-Stories und Bücher: Lavie Tidhar - Bücher (chpr.at)


Beschreibung:

In sechzehn Geschichten nehmen uns sechzehn israelische Autor:innen auf eine phantastische Reise mit. Dabei treffen wir etwa auf hochentwickelte Mäuse, die einen Krieg gegen die Menschheit führen, auf drei Geschwister, die den Weltrekord im Puzzeln brechen wollen, auf eine Frau, die den Tod heiratet, und auf eine Telepathin, die die Gedanken Verstorbener liest und sich Stück für Stück darin verliert. Die Texte eint hierbei nicht bloß der Entwurf einer spekulativen Welt, nicht bloß das Phantastische, das in der Tradition biblischer Geschichten steht, sondern auch der Blick auf zentrale menschliche Erfahrungen.

Die abwechslungsreiche Anthologie versammelt Texte junger und alter, bekannter und unbekannter Autor:innen aus Israel und feiert die Lust am Erzählen.

Die Mitwirkenden: Lavie Tidhar, Gail Hareven, Keren Landsman, Guy Hasson, Nava Semel, Nir Yaniv, Eyal Teler, Rotem Baruchin, Mordechai Sasson, Sayvon Liebrecht, Elana Gomel, Pesakh (Pavel) Amnuel, Yael Furman, Gur Shomron, Nitay Peretz und Shimon Adaf


Meine Meinung:

Silverberg berichtet in seinem kurzen Vorwort über den Staat Israel und das er auf der Basis zweier phantastischen Erzählungen entstanden ist: Der hebräischen Bibel sowie dem Roman Altneuland, der ebenfalls bei Hirnkost neu aufgelegt wurde.

Die beiden Herausgeber steuern dann ein langes Vorwort bei und beleuchten die israelische SF bzw. Phantastikszene. Die hat ähnliche Schwierigkeiten wie unsere, sich der allgemeinen Literaturkritik zu widersetzen und die Herausgeber sprechen davon, dass dem Israeli aus verschiedenen Gründen die Phantastik fern war, dass sich dies aber im Laufe der Jahre geändert hat. 

Das Vorwort ist ein sperriger Brocken, eine typisch literaturwissenschaftliche Betrachtung, die gänzlich auf unterhaltsamen Charakter verzichtet.




Die erste Geschichte "Der Geruch von Orangenhainen" ist aus Lavie Thidars Central Station und spielt dort. Handelt von Erinnerung, vom Gestern, Heute und Morgen und wie alles eins wird, wenn man es erhalten kann und es allgegenwärtig ist. Die Erinnerung.

Sehr stimmungsvoll und atmosphärisch. Ein guter Start in die Anthologie.


Gail Hareven - Die Langsamen

Die Langsamen, das sind Menschen wie wir, die in Reservaten zurück gedrängt wurden von den modernen Menschen, die sich im Universum ausgebreitet haben und die es geschafft haben, ihren Nachwuchs in kurzer Zeit großzuziehen. Die Langsamen werden als Gefahr wahrgenommen, da sich scheinbar ihre Langsamkeit ansteckend ausbreitet.

Die Geschichte ist ein äußerer Blick auf den jetzigen Menschen, gähn. Den Sinn der ganzen Geschichte habe ich nicht verstanden.


Keren Landsman - Alexandria muss brennen

Die achte Version der Bibliothek von Alexandria reist durch die Zeit, um die Geschichte der Menschheit aufzuzeichnen und um das in ihr vorhandenen Wissen weiter zu geben.

Doch die Zeit, in der sie gerade landen, ist von Außerirdischen Invasionen bedroht. Die beiden Mitglieder der Stillen-Einheit soll die Invasion aufhalten. Die Stillen-Einheit, das sind die restlichen Bewohner der gegenwärtigen Erde und die sind anders, als es scheint.

Dass Stillen-Einheit und Bibliothek miteinander zusammen hängt, und wie das Problem gelöst wird, ist Gegenstand dieser sehr lesenswerten Geschichte. Ist für mich der erste Highlight der Sammlung.


In Guy Hasson - The perfect girl geht es um eine Akademie, dort werden Telepathen ausgebildet.

Alexandra Watson darf als erstes die Leichenhalle betreuen

Dort liegen die Toten, in denen man bis zu sieben Tage lesen kann. Als die tote Stephanie gebracht wird, kann erst niemand verstehen, dass die junge und attraktive Frau sich umgebracht hat. Alexandra liest immer wieder in ihr und identifiziert sich so mit ihr, dass die beiden Leben miteinander verschmelzen. Um erfolgreich zu sein, muss Alexandra aber erstmal sich selbst mit ungetrübten und ehrlichen Blick erkennen.

Eine großartige Geschichte eines großartigen Erzählers. Hat mir außerordentlich gut gefallen.


Hunters of Stars von der Autorin Nava Semel erzählt eine romantische Geschichte über einen Jungen, der geboren wurde als die Sterne verschwanden und der sich danach sehnt sie wieder zu sehen. Die Geschichte selbst ist eher kurz.


Die Gläubigen von Mir Yaniv handelt von einem verrückten Gott, der jede Sünde direkt bestraft. Aber manche lehnen sich auf, bauen einen Turm von Babel und steigen auf, um Gott zu bekämpfen, scheitern. Nur er, der Erzähler, bleibt zurück und rüstet sich für die finale Schlacht. Ich gebe zu, ich habe kein Wort verstanden. Keine Ahnung, worum es genau ging.


Eyal Teler - Möglichkeiten

Eine ziemlich sperrig erzählte Geschichte über alternative Lebenslinien und über die Imagination phantastischer Geschichten und eine Hommage an Ray Bradbury.

Wie das so ist. Erst habe ich die kurze Geschichte gehasst, am Ende geliebt, mehr will ich nicht verraten.


Rotem Baruchin - Im Spiegel

Stellt euch vor, ihr macht in eurem Leben Fehler. Die korrigiert ihr durch einen Spiegel und schickt diesen Fehler in eine Parallelwelt und lebt wieder ohne Fehler. Eine Fähigkeit, die euch aber Kraft kostet. Aber wehe wenn eine eurer Inkarnation im Spiegel den Spieß herumdreht.

Was sich in der Zusammenfassung gar nicht so spannend anhört, ist wirklich toll in der Geschichte umgesetzt. Nach und nach wird der Plot präsentiert, genauso die Persönlichkeiten der Hauptperson Danielle und ihre Leben.

Starke Geschichte!


Die Stern-Gerlach-Mäuse von Mordechai Sasson ist ein wilder Mix. Er beschreibt die ältere Generation in Jerusalem anhand der Nana (Oma) des Erzählers, Blechbettler, eine Mischung aus Roboter, Holen und einem Bettler, mutierte Mäuse, die groß werden können wie ein Maultier, der Krieg mit ihnen und der Pragmatismus, mit dem die Jerusalemer das alles hinnehmen.

Interessante Geschichte.


Savyon Liebrecht erzählt in Ein guter Platz für die Nacht von Menschen, die nach einer Katastrophe mit einem Zug, in einer postapokalyptischen Welt sich befinden und sich dort mit dem neuen Leben arrangieren. Sehr gut erzählt, inhaltlich bleibt y aber eher bieder.


Elana Gomel - Tod in Jerusalem

Mor lernt einen Mann kennen und lieben. Doch David ist der Tod bzw. ein Tod, denn er hat viele Geschwister. Mor heiratet den Tod und sein Ableben schenkt ihr ein Kind, den kommenden König der Tode. Einer der Tode ist übrigens der Holocaust Daniel.

Eine stellenweise lyrisch erzählte, definitiv gut geschriebene Geschichte, die inhaltlich ein wenig üblich bleibt und sich im Spannungsfeld von Mystik und Aufklärung befindet. Denn das ganze eher esoterische Thema wird doch sehr nüchtern umgesetzt.


Pesakh Amnuel erzählt in Der weiße Vorhang vom Multiversum und einem Mann, der die Fähigkeit hat, verschiedene Realitäten zu Spleißen. Am Ende kann er die Liebe seines Lebens, die einen anderen liebt, nur durch ein eigenes Opfer retten.

Ein interessantes Gedankenexperiment.


Yael Furman - Männertraum

Ein Mann, arbeitslos, hat eine Traumstörung. Immer wenn er schläft, träumt er sich Galia herbei, ohne das kontrollieren zu können. Als er daraufhin eine Konsequenz zieht, sind die Komplikationen für Galia furchtbar.

So ganz logisch erscheint mir manches in der Geschichte nicht, das Ende ist natürlich bitter und konsequent.


Gur Shormon - Zwei Minuten zu früh

Die Geschichte über einen Puzzle Wettbewerb, über scheinbar hochbegabte Kinder und über unerlaubte Hilfsmittel durch eine ausgeklügelte Forschung. Am Ende sind die Orang Utans Puzzle Weltmeister.

Na, das war nicht mein Fall.


Nitay Peretz - Mein beschissener Herbst

Ein neuer Morgen und alles ist anders. Isis Freundin zieht von jetzt auf gleich aus, fühlt sich leer. Mitbewohner Max wird zum Guru, hat einen sprechenden Esel im Gefolge und unterhält sich mit Aliens, die gerade gelandet sind. Udo kündigt seinen Job und beginnt seinen gesellschaftlichen Abstieg, wobei jeder diesen verhindern will. Lang und schräg ist die Geschichte.

Und am Ende endet die Magie und alles ist zurück auf Anfang.

Levantinsche Indianer, so ein Begriff war mir neu. Interessante Übersetzung.


Shimon Adaf - Ishmael

Der Tod, Bestrafung und Belohnung, ein ferner Planet und ein künstlich immer wieder erschaffenes Kind sind Gegenstand dieser Geschichte.


Das Nachwort von Aharon Hauptmann befasst sich mit der israelischen Szene,oder SF und der Zukunft.


Fazit: Ein lesenswerter Band mit israelischer SF, der wirklich einen ganz eigenen Flair innewohnt.

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