Chrissie Missile und der Lumberjack
Eine neue Episode aus dem Galactic Pot Healer. Gestrickt mit der heißen Nadel, wie es der Situation völlig angemessen ist. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind nicht ausgeschlossen, werden aber konsequent abgestritten.
Chrissie Missile und der Lumberjack
Der Vintage Carrera besaß
achtfach Beleuchtung und konnte überdimensionale Abbilder seiner Passagiere,
das waren aktuell Chrissie Missile und Mask Strack-Taurus, nach außen
produzieren, man wusste schließlich, was man dem gemeinen Volk schuldig war und
dazu gehörte der selbstbewusste Auftritt, der jederzeit in ätzende Arroganz umkippen
konnte. Das Innere des Raumers war plüschisch und bunt. Beherrscht wurde das
Interior von staatstragenden Farben wie Gelb, Hellblau und Magenta. Ein
besonderes Extra war die Direktschalte zu Bl@dBris#nt, dem international
führenden Klatsch- und Tratsch Blatt, damit man im Vintage auch live und in
Farbe Vermählungen übertragen konnte. Vermählungen, das waren die Garanten für
die Herrschaft des Patriarchats und die Grundlage des Herrschaftssystems des
Planeten Heppenheimia, wo Veränderungen der größte erkannte Feind waren.
Der zweitgrößte war der
Goldene Reiter und seine Bande der Unbeugsamen auf dem Anarchisten Stützpunkt Galactic Pot Healer, die sich jeglicher Starrheit widersetzen und völlig
ungeniert eine Brutstätte für neue Ideen waren. Doch dieser Stützpunkt war
schon Geschichte auch wenn die Betroffenen darüber noch im Unklaren waren. Mit
dem Kettensägen Virus Lumberjack würden Chrissie Missile und seine treu
ergebene Adjutantin Mask Strack-Taurus das Galactic Pot Healer in
Nullkommanichts zu einem Schwarz blüht der Enzian transformieren.
„Mask, denke immer an
unseren Wahlspruch. Er ist immer und überall unser Leitmotiv: Wir steigern das Bruttosozialprodukt! Der Doris Day ist nah.“
Freudestrahlend trat Chrissie
Missile das Beschleunigungspedal durch, die Wasserstoffmotoren kreischten wie
eine alte Jungfer, der man kräftig auf die Zehen getreten hatte, und der
Vintage Carrera schoss in die weiten des Weltalls, einem fernen Punkt namens
Galactic Pot Healer entgegen.
Der Goldene Reiter thronte wie ein Monolith oben auf einem mächtigen Granitblock. Auf Augenhöhe waren rundherum an den Wänden Bildschirme angebracht, die Szenen aus den verschiedensten Bereichen des Galactic Pot Healer präsentierten. Der Goldene Reiter konnte in die Szenen reinzoomen und sich die Audiospur dazuschalten.
Am liebsten sah
er sich die eigentliche Galactic Pot Healer Bar an. In der Kaschemme war immer
etwas los, wurde dem heimlichen Beobachter die unterschiedlichsten Dramen
geboten, alles was das Herz wünschte: Intrigen, Verrat, Tragödien und eine
unglaubliche Lebensenergie der Besucher. Gerade versuchte Baby Doll, die
intergalaktische Agentin, den Weltraumreporter Michalis Stollivakis die neusten
Informationen über Pat Biest, dem angesagtesten Star der Universal Music, zu
entlocken. Doch Stollivakis zierte sich und verlangte wohl ein wenig mehr
körperlichen Einsatz für seine Mitarbeit.
Die Tür ging
auf und lenkte ihn von seinem Voyeurismus ab. Paula, seine beste Agentin, trat
ein. Heute erschien sie blond, mollig und in dieser Inkarnation war sie darauf
aus, Komplimente einzuheimsen.
„Ah., Paula, du
siehst wieder großartig aus“, schwindelte der Goldene Reiter daher pflichtschuldig
Ein zartes Lächeln erschien
auf Paulas rundlichem Gesicht.
„Ich habe Neuigkeiten. Meine
Nachrichtenquellen aus Heppenheimia berichten, dass die Top Querulanten der Wirtscha
auf dem Weg zum Galactic Pot Healer sind. Und sie haben folgendes vor…“
Eifrig lauschte der Goldene
Reiter Paulas Worten. Währenddessen spannte er Stück für Stück einen Plan, wie
er dieser vermeintlichen Bedrohung entgegenwirken würde. Chrissie Missile würde
sich wünschen, er wäre bei seinen Leisten geblieben. Ein kleiner Schuster, der
schöne Vermählungsbilder produzieren, aber es nicht mit dem Meister der Intrige
aufnehmen konnte.
Das Andockmanöver
funktionierte problemlos. Die Unterkunft hatte Chrissie Missile vor buchen
lassen. So hielten sie sich nicht lange im Hangar auf und die beiden
Neuankömmlinge betraten ihre nebeneinanderliegenden Kabinen. Während Chrissie
sich zuerst um sein Äußerstes kümmerte, man hatte schließlich einen Ruf zu
verlieren, schickte er Mask Strack-Taurus sofort los, um den Lumberjack zu
installieren. Seine etwas spröde Begleiterin mit der auffällig unattraktiven
Frisur war wie immer treu ergeben und entschwand nach kürzester Toilette in
Windeseile in das Labyrinth der Gänge.
Versonnen blickte er ihr
nach, bevor er es sich in seiner Kabine bequem machte Ihm war klar, dass
Strack-Taurus kräftig an seinem Stuhl sägte. Mask wähnte sich schon in seinen
Fußstapfen. Ließ sich aber Zeit, so siegesgewiss war sie. Vor dem Doris Day
bestand keinerlei Gefahr.
Strack-Taurus war zu
einfallslos und fügte sich klaglos der Hierarchie. In drei Monaten war
allerdings Neuwahl auf Heppenheimia und die Konformisten wünschten sich einen
Geschlechterwechsel an der Spitze. Offensichtlich witterte und wartete Mask auf
ihre Chance. Chrissie dagegen war schon aktiv und hatte seine Truppen in
Stellung gebracht, die Marionettenfäden entsprechend ausgerüstet. Er war der Strack-Taurus
einfach weit überlegen. Sollte Mask ruhig denken, sie wäre am Drücker. Sicherheit
machte träge und das Böse erwachen würde schon folgen.
Jetzt widmete er sich einer
essentiellen Aufgabe. Chrissie setzte sich vor den Schminkspiegel, stutzte den
Bart akkurat, wo nötig, überschminkte die ersten Anzeichen von Augenfalten und
brachte den Scheitel in die korrekte Richtung. Gerade reinigte er die
Zahnzwischenräume, als es an der Kabinentür klingelte. Er stand auf, ein
letzter prüfender Blick in den Spiegel, setzte sein charismatisches Lächeln auf
und befahl: „Herein!“
Wie erwartet stand die
Sprödigkeit Strack-Taurus in der Tür. Sie präsentierte im ihr bekanntes
eiskaltes Lächeln aus blassen blauen Augen. „Der Lumberjack ist auf den Weg
gebracht. Der Doris Day rückt näher. Der Sieg ist unser. Feiern wir heute und
reisen morgen früh zurück. Es gibt viel zu tun um die Welt von der
bürokratischen Fäulnis zu säubern.“
Chrissies Lächeln wurde warm.
Kritisch erkannte er einen kleinen Ansatz von Doppelkinn im Spiegel, den er
immer in den Augenwinkeln im Blick hatte. Er würde sein Aktivitätenprotokoll um
3,12% erhöhen und bis zum Doris Day der Dubaischleimspurschokolade entsagen.
„Ich bin stolz auf dich,
Mask. Ich werde dich mit dem Posten des Bureaucracy Erasers belohnen. Da kannst
du die Kettensäge spielen lassen, das wird ein wahres Fest für alle Arnachokapitos.
Aber jetzt bestelle ich ein Fass Heppenheimia Premium Freipils. Unser Sieg muss
ausgiebig gefeiert werden.“
Der Goldene Reiter lachte schallend,
alleine sitzend, in seinem Refugium. Natürlich besaß er seine Augen und Ohren
überall und die Liveübertragung aus der Kabine Chrissie Missiles erheiterte ihn
ungemein. Der größte Schenkelklopfer war der standesgemäße außereheliche
Beischlaf, also Chrissie oben und Musk unten, maximal sieben Minuten, bis dahin
war das nächste Pils gezapft. Er überwachte die medizinischen Daten der beiden
Beischläfer und entschied, von Höchstleistungen war das weit entfernt. Aber das
war nur eine Anekdote am Rande.
Der Lumberjack war längst
transformiert und als Borkenkäfer ins Vintage Carrera System Zync eingespielt,
um eine entsprechende Überraschung zu übertragen.
Morgen früh, wenn die beiden
Wirtscha glückselig nach Heppenheimia aufbrachen, würde das Galactic Pot Healer in einer Wolke der Heiterkeit erbeben. Er hatte schon alles für einen Live Event
vorbereiten lassen und die Karten in der Galactic Pot Healer Bar waren seit einer
halben Stunde ausverkauft. Andrang und Vorfreude waren riesengroß
Chrissie Missile war alles
andere als gut gelaunt. Der gezwungene, mäßige Sex, der zum Ritual in den
Führungsebenen der Wirtscha gehörte und leider unumgänglich war, hatte ihn wieder
mal an seiner Berufung zweifeln lassen. Aber was tat man nicht alles als
Karrierist.
Der formidable Kater,
schließlich musste die spröde Strack-Taurus Geschmeidigkeit und er sich Mut und
Bereitschaft antrinken. Ein wenig Glückseligkeit war enthalten in Vorfreude auf
den Doris Day, das räumte er großzügig ein und so war der Beischlaf Teil 1 geschmeidiger
als in vergangene Zeiten. Der kräftige Absacker der Marke Enziangold, die sie wollüstig
in sich reinschütteten, führte zu einem durchaus gelungen zu bezeichnenden Beischlaf
Teil 2, den Mask sogar damit adeltet, dass sie einen Orgasmus simuliert.
Heute Morgen, auf das
Bitterste ernüchtert, sahen sich die Zweckgemeinschafteten angeekelt an und ihre
Blicke sprachen für ein verschränktes Empfinden. Mask entschwand ohne
Aufforderung und Chrissie benötigte die Rekordzeit von siebenunddreißig
Minuten, zweiundzwanzig Sekunden und einem Schreckensmoment, bis er sich so in
Form gebracht hatte, dass er sich der Öffentlichkeit präsentieren konnte. Wie
im Rausch eilten die beiden Wirtschas durch die Gänge, berauschten sich an den
Blicken, die Bewunderung ausdrückten, verabschiedeten sich vom Bodenpersonal im
Hangar, welches ölig zuvorkommend war und legten mit dem Vintage Carrera einen
Kavalierstart hin.
Sie hatten die
Abflugschneise des Galactic Pot Healer gerade verlassen und drangen in den
freien Raum ein, da heulte der rote Alarm los: Systemausfall. Energie fällt auf
ein Minimum. Der Wasserstoff wurde durch Holz ersetzt.
Entsetzt sahen die beiden
Astronauten sich an. Im rückwärtigen Bildschirm erkannten sie eine Rußfahne
statt der Schicht an Zuckerwatte. Der Ewig-Gestrigen fuhr auch mit Holz, aber
die Heimreise würde entsprechend dauern, schließlich war die Energiedichte
nicht den modernsten Anforderungen gewachsen. Die Zync-Software sprach mit
durchaus schnippischem Unterton von dreizehntausendvierhundertundzwölf Jahren
bis zur Ankunft auf Heppenheimia.
Na, das war aber mal eine
Hausnummer.
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