Aiki Mira - Neongrau

 


Neongrau erschien am 5.12.2022 bei Polarise und ist nach Titans Kinder der zweite Roman von Aiki Mira.

Inhalt:

Hamburg im Jahr 2112: Die Stadt wird immer wieder von Starkregen geflutet, im Binnendelta hat sich ein Slum aus schwimmenden Containern gebildet und über allem thront das gigantische Stadion. Zum »Turnier der Legenden« reisen Fans aus der ganzen Welt an, um die berühmten Glam-Gamer spielen zu sehen. Auch Go [Stuntboi] Kazumi begeistert sich für das VR-Gaming, fährt jedoch noch lieber Stunts auf dem Retro-Skateboard.

Ein Sturz scheint das Aus für Gos Karriere zu bedeuten, doch dann wird Go ein Job im Stadion angeboten – bei den Rahmani-Geschwistern, den berühmtesten Gamern Deutschlands! Von da an überschlagen sich die Ereignisse und Gos Welt wird komplett auf den Kopf gestellt: ein Bombenanschlag, illegale Flasharenen, Tech-Aktivisten, Cyberdrogen, künstliche Intelligenzen – und dann ist da auch noch dieses Mädchen ...

Während der Lektüre habe ich ein Interview mit Aiki Mira geführt. 

Der Roman Neongrau handelt von einer fluiden nonbinären Person, die mal Go Kazumi (weiblich) ist, mal Stunboi (männlich). Außer der Sichtweise ändert sich Go Stunboi eigentlich nicht, was darauf hinweist, dass die Person die gleiche ist, unabhängig vom gerade vorherschenden Geschlecht. Zum Thema non-binär kann man sich diese Hinweise sich durchlesen. Go hat ein Bündel von Problemen, die sie oder er sich im Roman stellen muss. Verliebt in ELLL, die Go hintergeht. Schwierige Familiensituation, lebt beim Vater, die Mutter hält keinen Kontakt, nachdem sie aus dem Gefängnis entlassen wurde. Und Go soll sich entscheiden, ob sie Go ist oder er Stunboi. Wie die Entscheidung getroffen wird, verrate ich an dieser Stelle nicht. Als Leser habe ich mich aber am Ende über die entsprechende Entscheidung gefreut.

Gaming ist der zweite Aspekt der Geschichte. Es geht um Öffentlichkeit, Starrummel und natürlich den sportlichen Wettbewerb. Die Gamer kämpfen in einem Substrat und treten gegeneinander an, das ganze wird öffentlich ausgetragen über einen Stream, ein kleiner Anteil hat die Chance, den Kampf live in der Arena zu verfolgen, also ähnlich wie bei der Fußballbundesliga.

Es geht auch um Maschinen, Künstliche Intelligenz und ihr Werden und Erwachen. Crtl ist ein Quantencomputer, Gos Freund und eine Möglichkeit, Dinge vorauszuberechnen, ähnlich wie es eine KI bei dem namensgebenden Spiel GO macht.

Musik und Drogen sind ein weiterer Bestandteil dieser Welt in Hanburg des Jahres 2112. ELLL wird berühmt, ähnlich wie die heutigen Youtube Stars oder Instagram Influencer, nicht durch ihre Leistung, sondern wieder durch andere Influencer.

Der Roman zeigt auch die Schattenseiten der Welt 2112 und den Außenseiter, wiederum am Beispiel ELLL und ihrer Herkunft im übeflutetend Stadtteil Blank.

Meinung:

Der Roman ist sehr stimmungsvoll. Die Sprache teilweise sehr poetisch, manchmal auch ganz normal, oft in der entsprechenden Jugendsprache verfasst (ein Glossar findet sich im Anhang), aber definitiv sehr lesenswert. Die Figuren finde ich ein wenig zwiespältig. Während Go Stunboi Kazumi sehr ausgewogen rüber kommt und mir ELLL sehr gut gefällt, sind die Mutter und der Vater Gos ein wenig...unstetig, mir wirkt es, als müssten sie für mehr hinhalten, als es der Charakter eigentlich hergibt.

Nicht besonders gefallen hat mir der Aspekt Künstliche Intelligenz. Das hat man alles schon irgendwo gelesen und warum Crtl jetzt so wenig logisch agiert und argumentiert wie ein Mensch, ist mir auch in ähnlichen Romanen nicht klar geworden. Die große Idee, die Ren Kazumi, die Mutter, verfolgt, ist mir fremd geblieben und die ganze Sache mit dem Quantencomputer verläuft sich im Sande. 

Insgesamt wirkt der Roman ein wenig überladen. Zuviele Ideen, zuviele Ansätze, da wäre meines Erachtens weniger mehr gewesen.

Aber unter dem Strich bleibt ein beachtenswerter Roman, der gleichzeitig, sieht man von dem kürzeren Debüt Titans Kinder  ab, der erste Roman der Autorix ist. Neongrau braucht sich definitiv nicht vor der Konkurrenz im In- und Ausland zu verstecken. Für mich persönlich hat Neongrau allerdings nicht das gehalten, was die ersten zwei Drittel des Romans versprochen haben.

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