Die gute alte Zeit

Früher war alles besser. Gute Bücher erschienen zwischen gebundenen Deckeln, Taschenbücher waren schon was Anrüchiges und der Kriminalroman das Ende Zivilisation.

Die Pulp-Hefte, in Deutschland der Heftroman, zeigte eindeutig, wohin die Gesellschaft strebte: In den Abgrund!

Ja, die Welt ging nicht unter, triviale Literatur wurde die beherrschende Gattung, auch wenn immer noch genügend Leute Ausschlag bekommen wenn sie an Hefte denken.

Klar ist doch, die Qualität von Literatur ist unterschiedlich. Das liegt manchmal an der Quantität. Fließt diese nur so aus dem Autor heraus, kann das der Güte nur schaden, so die landläufige Meinung. Umgekehrt, brütet man nur lange genug an einem Text, ist dieser unbesehen genial.


So einfach ist die Welt natürlich nicht. Der Strauß der Literatur ist bunt und vielfältig. Zum Glück!

Dieser Strauß wird in der guten neuen Zeit noch bunter und vielfältiger. Erster Brennstoff für diese Literaturrakete war der Digitaldruck. Nie war es einfacher, „richtige Bücher“ herzustellen. Gab es früher Fanzines, die aufwändig mit Matrizen hergestellt wurden, bekommt man jetzt für kleines Geld Bücher, die optisch sehr viel hermachen und dazu in geringen Auflagen gedruckt werden können. Wollte man vorher abseits der Fanzines ein Buch veröffentlichen, war das recht teuer.

Neben dem Digitaldruck sorgt der PC auch für ein wesentlich einfacheres Schreiben von Geschichten. Man tippt einfach herunter, eine Rechtsschreibkorrektur ist bei jedem Programm vorhanden und der Text ist jederzeit änderbar. Früher mühte man sich auf einer mechanischen Schreibmaschine oder schrieb per Hand.

So sehen wir jetzt eine Vielzahl an kleineren Verlagen sowie Klein- und Kleinstverlagen, deren Auflagen oft genug nicht einmal den dreistelligen Bereich erklimmen. Aber auch aufstrebende Neuverlage, die die Kluft zu den Großen kontinuierlich verkleinern.

Für den Leser ist das Tag und Nacht. Das Angebot hat sich exponentiell erweitert, für jeden Geschmack ist etwas dabei. Doch ebenso schwer fällt die Auswahl. Die Beschränkung vorher sorgte gleichzeitig dafür, dass einem selten etwas Außergewöhnliches entging. Je mehr sich der Ausstoß vergrößerte, und das Phänomen gab es natürlich schon vor dem Digitaldruck, desto schwieriger ist die Suche nach den Perlen.

Der zweite Brennstoff der Literaturrakete ist das ebook. Druckkosten fallen weg, stellenweise auch Verlage, man kann ja bei Amazon selbst veröffentlichen, ein Geschäftsmodell, das es mit Book On Demand schon im Digitaldruckbereich gab. Für die Veröffentlichung eines ebooks bei Amazon Kindle bezahle ich keinen müden Cent, bekomme aber 35 bzw. 70% der Erlöse. Ein Schlaraffenland für Autoren.

Inflationär ist somit die Zahl der ebooks. Veröffentlichten die Leute früher ihre Geschichten auf Plattformen wie http://www.leselupe.de/ oder http://www.fantasyguide.de/und stellten sie dem Leser kostenlos zur Verfügung, kann man das jetzt mit geringem Aufwand selbst machen und bekommt bestenfalls noch Geld dazu.

Wie hoch man den Aufwand für ein ebook betreibt, entscheidet der Autor selbst. Ein Titelbild, das den Leser zum Kaufen animiert, sollte die Grundvoraussetzung sein. Die Geschichte in veröffentlichungsreife Form zu bringen, ist das nächste Muss. Ob das ein bezahlter Lektor ist oder ein befreundeter Autor, muss jeder für sich selbst entscheiden. Es sollte auf jeden Fall vor der Veröffentlichung Mühe hereingesteckt werden. Man bedenke, die mühsame Begegnung zwischen Autor und Leser sollte nicht dadurch abrupt enden, dass der Leser sich enttäuscht abwendet, weil der Text einfach nicht lesbar ist.

Es ist schwer genug, aus den Heerscharen an ebooks wahrgenommen zu werden. Die Meute Leser ist wie ein Raubtier. Was ihr nicht gefällt, zerfetzt sie gnadenlos und widmet sich unwiderruflich der nächsten Publikation zu.

Doch Brennstoff hin oder her. Letztendlich braucht es harte Arbeit, um aus einem motivierten Schreibanfänger einen erfolgreichen Autor zu machen. Der Großteil der Autoren schafft das nicht und fristet Zeit seines Lebens ein Schattendasein. Das ist wohl unabhängig vom Genre und von der Nationalität, wenn es da auch generell Unterschiede gibt, die Chancen sind unterschiedlich.

Also freuen wir uns der neuen Möglichkeiten. Sie bietet Chancen für Autoren und Leser. Es ist einer dieser magischen Momente, der neue Stars erschafft, aber auch viele Hoffnungen vernichtet.

Aber man kann es drehen und wenden wie man will. Letztendlich entscheidet die Geschichte selbst über ihren Erfolg, nicht das Medium.

Eine weitere, etwas ältere Kolumne findet sich hier: Der moderne Künstler

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