Raymond Chandler - Der König in Gelb

 


1980 erschien im Diogenes Verlag die Sammlung mit Kriminalgeschichten "Der König in Gelb" von Raymond Chandler. Es handelt sich dabei um das zweite Drittel der ursprünglich als "Gesammelte Detektivstories" erschienen Bandes und enthält die vier unten genannten Geschichten, die allesamt als Hörspiel verfügbar sind.

Raymond Chandler ist bekannt dafür, die dunklen Seiten der Gesellschaft aufzuzeigen. Seine Detektive sind alles andere als strahlende Blondschöpfe und es gibt kein Schwarz und Weiß, sondern eine Menge Farbtöne in unterschiedlichen Schattierungen. Die vorliegende Sammlung bietet dabei vier wirklich lesenswerte Geschichten und es ist schwierig, einen Favoriten zu benennen. Blutiger Wind würde ich am ehesten favorisieren.

Hier die Vorstellung der einzelnen Geschichten.


Spanisches Blut (Spanish Blood)

Zur Geschichte gibt es ein Hörspiel bei der ARD.

Donegan Marr, aussichtsreichster Kandidat bei den bevorstehenden Kommunalwahlen, sitzt tot hinter seinem Schreibtisch, die Pistole in der Hand. Sam Delaguerra, Detektiv der Mordkommission, glaubt nicht an Selbstmord. Er müßte es wissen, denn er war mit dem Toten befreundet. Genau deswegen wird ihm der Fall entzogen. Aber er beginnt, auf eigene Faust Nachforschungen anzustellen. Sein erster Weg führt ihn zu Belle Marr, der Frau seines toten Freundes. "Das hochgewachsene Mädchen sah ihn nicht an. Sie hatte rotbraunes Haar, das alles Licht zu sammeln schien, das es hier gab, und einen weichen Schein um ihr kühles, schönes Gesicht legte. Nach einer Weile sagte sie mit tiefer gedeckter Stimme in die Stille hinein: 'Jetzt haben sie ihn also, Sam. Schließlich haben sie es doch geschafft.'" Wen soll Belle Marr sonst meinen, als die politischen Gegner ihres Mannes, eine Bande von kriminellen Hasardeuren, die bei ihrem Plan, die Stadt in die Hand zu bekommen, vor nichts zurückschrecken. Aber so einfach ist der Fall nicht und Belle Marr weiß mehr, als sie zugeben will.

Zierfische (Goldfish)

Zur Geschichte gibt es ein Hörspiel auf Youtube.

"Sie war eine hochgewachsene, etwas verwahrloste Blondine mit traurigen Augen." Als Kathy Horne in das Büro von Privatdetektiv Carmady hereinspaziert und von gestohlenen Perlen und einer hohen Belohnung spricht, hält er das für Gefasel. Doch als er der Sache nachgeht, mehr aus Gefälligkeit für Kathy denn aus Interesse, stolpert er sogleich über eine Leiche. Selbst wenn der Diebstahl der sogenannten Leander-Perlen zwei Jahrzehnte zurückliegt, es gibt ein paar Leute, die ihn nicht vergessen haben. Die Suche nach den Perlen führt Carmady in den hohen Norden - und an den Rand eines Goldfischteichs.

Schüsse bei Cyrano (Guns at Cyrano's)

Zur Geschichte gibt es ein Hörspiel bei der ARD.

Ted Malvern, ein Privatdetektiv mit diskreten Verbindungen zur Unter-, Halb- und Oberwelt, findet auf dem Flur seines Hotels die zusammengeschlagene Tänzerin Jean. Doch der Angriff, so sagt das Mädchen, galt nicht ihr persönlich; er sollte nur den Drohungen gegen ihren Boxfreund Duke Targo Nachdruck verleihen, den ominöse Hintermänner zu einer Niederlage bei seinem nächsten Kampf "überreden" wollen. Als jedoch bei Cyrano, der Nachtbar, in der Jean arbeitet, ein Killer auftaucht und Schüsse fallen, kann Malvern diese Geschichte nicht mehr glauben. Zu recht, denn so kleinkariert, wie Jean die Story erscheinen lassen will, ist sie nicht. Jean weiß mehr, als sie sagt ... Zum weiteren Verlauf sagt der Bearbeiter Hermann Naber: "Die Geschichte hat keine Helden; sie zeigt nämlich die Gewalt gesellschaftlicher und politischer Schablonen, für die die Leute, die sie ausfüllen und zu benutzen glauben, alle ein paar Nummern zu klein sind. Deshalb interessiert an der Geschichte, am 'Fall', nicht die Auflösung, sondern das Scheitern der Leute, die in den Fall verwickelt sind."


Blutiger Wind (Red Wind)

Zur Geschichte gibt es ein Hörspiel bei der ARD.

"Es blies ein Wüstenwind an diesem Abend. Einer jener heißen, trockenen Santa Anas, die von den Gebirgspässen herunterkommen und einem das Haar krüllen und an den Nerven zerren und auf der Haut jucken. An Abenden wie diesem endet jede Saufrunde mit einer Keilerei. Sanftmütige Hausfrauen tasten prüfend über die Schneide des Tranchiermessers und studieren die Hälse ihrer Männer. Schlechthin alles ist möglich." (Chandler) So passieren zwei Morde und ein Mordversuch, tauchen Perlen wieder auf, um endgültig zu verschwinden, schlägt ein Polizist brutal zu, scheitert eine neue Liebe an einer kaputten Ehe. Privatdetektiv Dalmas jedenfalls bekommt in Raymond Chandlers Geschichte "Blutiger Wind" viel zu tun - nicht zuletzt mit einer schönen Frau und mit sich selbst. Zum 25. Todestag von Raymond Chandler hat Alexander Eisenreich die Erzählung "Red Wind" aus dem Jahr 1938 für den Funk bearbeitet. Er benutzte vornehmlich die neue Übersetzung von Hans Wollschläger, die 1976 erschienen ist. Raymond Chandler gehört - neben Dashiell Hammett - zu den modernen Klassikern des Krimi-Genres. In einer trockenen lakonischen Sprache schildert er die Unterwelt der amerikanischen Großstädte, die häufig mit der korrupten Polizei paktiert und der sich seine abgebrühten Einzelkämpfer Philip Marlowe, Dalmas oder Steve Grayce entgegenstellen. Es sind einsame harte Burschen voll Gerechtigkeitsgefühl und Menschenkenntnis und einer vergeblichen Sehnsucht nach unerreichbaren Blondinen.

Der König in Gelb (The King in Yellow)

Zur Geschichte gibt es ein Hörspiel bei der ARD.

Steve Grayce, der Hausdetektiv im Carlton-Hotel hört sich gerade den großen Trompeter King Leopardi im Radio an, als ihn der Nachtportier unsanft aus seinen musikalischen Träumen reißt. In der achten Etage ist der Teufel los. Der Gast aus Zimmer 815 spielt im gelbseidenen Pyjama auf dem Flur Trompete, veranstaltet mit zwei anderen Musikern eine Jam-Session, daß die Wände wackeln. Als Steve Grayce in der achten Etage ankommt, steht er vor dem König in Gelb, King Leopardi, der sich von niemand sagen läßt, wann und wo er musizieren darf. Mit dem Zimmer 815 hat es allerdings seine besondere Bewandtnis: hier hat vor zwei Jahren ein Mädchen Selbstmord begangen, weil es nach allem, was es mitgemacht hatte, in einem sauberen Bett sterben wollte - und allein. Als Steve Grayce das endlich herausfindet, ist es für King Leopardi, den König in Gelb, zu spät.

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