Holy Diver
Die Übersicht meiner bisherigen Kurzgeschichten.
Meine Kurzgeschichte Holy Diver erschien in Zwielicht Classic 19. Sie kam gut bei der Leserunde auf Lovelybooks an. Einer der Leser wählte sie zu den drei besten Geschichten des Bandes wie man in der Rezension nachlesen kann. Inspiriert ist die Geschichte vom gleichnamigen Lied Holy Diver von Dio. Hier eine Leseprobe der Geschichte:
Das
Fest ist ein rauschendes.
Menschen
stehen in Hülle und Fülle, dichtgedrängt. Schulter an Schulter, Beine reiben knisternd
aneinander. Mal abstoßend: Eine Frau entfernt sich, als ein behaarter Typ mit
einer Katzenmaske zu nahe rückt. Mal einladend: Ein verkniffen wirkender Alter
mit klassischem Zylinder auf dem Kopf strahlt hocherfreut über die weiche
Hüfte, die sich an ihn presst, und der glutäugige Blick lässt seine
schwabbelige Figur erzittern.
Süßlicher
Rauch im vorderen Teil des Raums, blauer Dunst aus unzähligen, hastig hingerauchten
Kippen weiter rechts. Der stickige Qualm überdeckt die Gerüche von saurem
Schweiß, Krankheitskeimen und der Essenz der fortschreitenden Vergreisung
vieler Anwesenden.
Der
Maskenball der Appices ist eine Mischung aus Altenheim und Uniball. Alt und
Jung, vereint in kultivierter Langeweile, aus den Boxen schallt Händelscher
Barock im Schwermetallgewand, der Sänger rappt auf einer von einem schnellen
TechnoBeat unterlegten Version von Stargazer, überlagert von drei gegenläufigen
Gitarren. Dekadenter geht immer, hat das Gastgeberpaar gedacht, und thront auf
einer Empore in plüschigen Sesseln, umgeben von seinen engsten Freunden.
Carmine, der Göttergatte, trägt eine weiße Perücke. Das schmale Gesicht
gepudert, die Stelzen stecken in enganliegenden Beinkleidern, betonen die
schwächliche Oberschenkelmuskulatur, lassen aber auch sein Geschlecht
hervorstechen, erwecken mehr Anschein, als in Wahrheit geboten wird. Carla,
rund und gesund, mit feurigen Augen, freizügigem Ausschnitt und der Absicht,
sich heute befriedigen zu lassen, und zwar nicht von ihrem Mann, diesem eitlen
und impotenten Gockel. Sie hat ein Mieder an, verschnürt, dass es ihr fast den
Atem nimmt. Auch so schnappt sie verzweifelt nach Luft, denn sie ist entflammt
in ewiger Liebe und gegenwärtiger Begierde, als die Tür sich öffnet und dieser
schlanke, feminine Mann mit schwarzem Schlapphut hereinschreitet. Die Haut bronzen,
die Augen unbestimmt, da eine rote, verzierte Maske sein Gesicht verbirgt.
Einzig
die Mundpartie ist erkennbar und zeigt einen weichen, gleichzeitig harten Zug,
ein erregender Gegensatz. Carla folgt seinem schwingenden Schritt, dem dezenten
Spiel seiner Beinmuskulatur, dem etwas zu breiten Hintern, den er ihr in voller
Breite präsentiert, als er sich den dort stehenden Gästen zuwendet.
Carla
erhebt sich, ihre linke Hand streift dabei Carmines Geschlecht. Sie wirft ihm
einen spöttischen Blick zu, bevor sie von der Empore herabsteigt und sich in
das Abenteuer stürzt.
Das
Fest ist ein rauschendes und es sind nicht nur die äußeren Temperaturen, welche
die Gäste erhitzen. Doch wie sehr es sie noch erhitzen soll, das können sich
die Partygänger beim besten Willen nicht vorstellen.

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