Frederic Brake (Interview)
Michael Schmidt:
Hallo Frederic. Stell dich doch mal vor. Wer ist der Mensch hinter dem Namen
Frederic Brake!
Frederic Brake: Uh. Gleich eine
schwere Frage am Anfang! (lacht)
Ehemann. Vater. Freund. Fotograf. Autor mit zu vielen Ideen und zu wenig Zeit. Dystopischer
Humorist. Ewig an sich Zweifelnder. Etwas, das wohl viele Autoren kennen.
Manchmal spreche ich fließend Ironisch, mit einem zynischen Akzent.
Michael Schmidt:
Du bist Herausgeber der Anthologie Sternentod.
Deine erste Arbeit als Herausgeber und wieviel Arbeit ist es?
Frederic Brake: Sternentod ist
tatsächlich meine erste Arbeit als Herausgeber. Ich gebe offen zu, am Anfang
habe ich die Arbeit ein bisschen unterschätzt, wenn ich auch Respekt davor
hatte. Am Ende hatte ich noch viel mehr Respekt für alle, die schon mehrfach
Herausgeber waren. Am meisten beschäftigt und zu schaffen gemacht haben mir die
Geschichten – und teilweise auch deren Autoren – die man wohlwollend als
Versuch bezeichnen könnte. Ich habe mich mehrfach dabei ertappt zu denken, wie
man die Geschichte noch retten könnte, um dann zu erkennen, dass man sie hätte
komplett neu schreiben müssen. Das klingt jetzt ein wenig hochnäsig, glaube
ich. Und über Geschmack kann man sicherlich auch streiten. Aber es gibt
trotzdem Texte, die auch nach allgemeinem Verständnis einfach nicht gut sind.
Ich hatte das Glück, dass ich fast 60 Einreichungen bekam. Glück deshalb, weil
2/3 entweder zu schlecht waren oder nicht passten. Übrig sind dann 21
geblieben, die, teilweise nach mehreren Lektoratsdurchgängen, schließlich in
die Anthologie gekommen sind.
Michael Schmidt:
Worum geht es in dem Buch und warum sollte man unter all den Anthologien, die
gerade erscheinen, sich Sternentod
zulegen?
Frederic Brake: Gelegenheit zu
schamloser Werbung (grinst)
Es geht um Epik.
Epik im Großen – die gewaltige Schlacht, das Ende der Welt – aber auch im
kleinen. Die Epik eines persönlichen Triumphes oder eines Momentes der
Selbsterkenntnis. Inspiriert sind die Geschichten von der Musik des
schwedischen Popduos Two Steps from Hell, das Bombastmusik in positivstem Sinn
schreibt. Wer also Feinsinniges, Philosophisches oder Schlachtengetümmel liebt,
für den ist das Buch sicherlich etwas, denn es enthält von all dem reichlich.
Also eigentlich für jeden was.
Michael Schmidt:
Gibt es Geschichten die dich besonders überzeugt haben?
Frederic Brake: Klar, als
Herausgeber versucht man immer, einigermaßen neutral zu bleiben, damit man ein
gleichbleibendes Niveau erzielt. Denke ich, ich habe da noch nicht so viel
Erfahrung.
Und natürlich
gelingt das nicht immer. Es gibt ein paar Geschichten, die lesen und
herausgeben zu dürfen ich mich glücklich schätze. Toll finde ich alle, ein paar
eben noch toller als andere. Bei mindestens zwei der Geschichten glaube ich,
zumindest auf der Longlist der diversen Preise hätten sie einen Platz verdient.
Eigentlich auch auf der Shortlist.
Michael Schmidt:
Du schreibst eigentlich hauptsächlich Kurzgeschichten. Wie viele hast du
veröffentlicht und hast du einen Favorit unter denen?
Frederic Brake: Es dürften
mittlerweile so ca. 30-35 Kurzgeschichtenveröffentlichungen sein in den zehn
Jahren, in denen ich jetzt schreibe. Einen eindeutigen Favoriten habe ich
nicht, wobei ich »Dämonenfrust« und »Flüchtige Gedanken« schon zu meinen
stärksten Geschichten zähle.
Michael Schmidt:
Moral scheint immer ein wichtiger Aspekt deiner Geschichten zu sein…
Frederic Brake: Ja, tatsächlich.
Und es hat zehn Jahre gedauert, bis ich das erkannt habe. Ein befreundeter
Autor und Herausgeber hat mir auf dem 2019’er BuCon zu dieser Erkenntnis
verholfen. Ganz herzlichen Dank dafür, Michael. Das meine ich ernst.
Selbst in meinen
humorigen Geschichten schwingt das Moralelement immer mit. Ohne erhobenem
Zeigefinger, hoffe ich. Moral ist ziemlich vielschichtig und auch im täglichen
Leben bestimmt mein moralischer Kompass viele meiner Handlungen. Wahrscheinlich
alle, auch wenn ich das nicht immer so wahrnehme. Und das reflektiert bis in
meine Schreibe.
Michael Schmidt:
Mir persönlich hat besonders die Geschichte in Inspiration
gefallen. Erzähl doch mal wie es zu Il Viaje kam und welche Ideen dahinter
stecken!
Frederic Brake: Oh. Danke.
(lächelt)
Als ich das Bild
gesehen habe, das als Inspiration dient, kam mir ein alter, lebenserfahrener
Mann in den Sinn. Und irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es ein indigener
Mann sein sollte. Gleichzeitig hatte ich für eine andere Geschichte über die
Auswirkungen der eingeschleppten Krankheiten in Südamerika zur Zeit der
Conquistadores recherchiert. Et voilá. Die Idee war da. Ich habe das Setting
schließlich noch auf einen anderen Planeten verlegt und den Spieß umgedreht.
Ein zweiter Aspekt war, was Integration und Vereinigung in extremo bedeuten
könnten. Das habe ich dann überzeichnet. Mit Erfolg, scheint mir.
Michael Schmidt:
Du bist regelmäßiger Vorleser bei den Brennenden Buchstaben! Ist Vorlesen deine
besondere Passion?
Frederic Brake: Definitiv. Ich
bin ja im Nebenschreibleben auch Hörspielautor und akustische Umsetzung meiner
Storys machen mir immer sehr viel Spaß. Was manchmal auch anstrengt, weil ich
meine Geschichten eher spiele als lese. Ob bei den Brennenden Buchstaben oder
live. Besonders schön ist das, wenn man zu mehreren liest, z.B. mit Thorsten
Küper.
Michael Schmidt:
Du hast auch an BiomAlpha mitgeschrieben. Wie kam es dazu und ist da etwas
Neues geplant?
Frederic Brake: BiomAlpha ist
konzeptionell das Kopfkind von Uwe Post, der mich gefragt hat, ob ich zusammen
mit anderen Autoren diese Welt mitgestalten möchte. Neue Romane der Serie sind
nicht geplant, was auch ein wenig an der Komplexität der Story liegt. Um das in
einem Rhythmus zu veröffentlichen, der die Leser bei der Stange hält, hätten
wir deutlich mehr Autoren sein müssen. Was als Freizeitprojekt dann aber nicht
mehr zu stemmen gewesen wäre. Ich will nicht ausschließen, dass vielleicht mal
ein Kurzgeschichtenband erscheint oder so etwas, um die Handlungsstränge
zumindest einigermaßen abzuschließen, aber das ist wohl eher Wunschdenken.
Michael Schmidt:
Soweit ich weiß hast du neben Kurzgeschichten und BiomAlpha auch andere Romane
verfasst…
Frederic Brake: Du bist gut
informiert (lacht wieder)
Ich habe
tatsächlich noch in anderen Serien mitgeschrieben. Armageddon, die Suche nachEden zum Beispiel, eine SF- Horror-Serie oder Schattenzeit, eine
Dark-Fantasy-Serie.
Michael Schmidt:
Woran arbeitest du gerade?
Frederic Brake: Ich schreibe an
einer Kurzgeschichte über KIs und versuche, etliche Fragmente von Geschichten
aus dem gleichen Handlungsraum irgendwie in ein Romangefüge zu bringen.
Michael Schmidt:
Stehen denn noch Veröffentlichungen an die nächste Zeit?
Frederic Brake: Voraussichtlich
in 2020 wird es eine Urban Fantasy Geschichte von mir geben. Darüber hinaus
steht noch nichts fest.
Michael Schmidt:
Wie siehst du die deutschsprachige SF Szene?
Frederic Brake: Trotz aller
Unkenrufe schon noch ziemlich vital, wenn auch begrenzt. Es gibt immer wieder
mal echte Highlights, wenn wir auch dazu neigen, uns selber immer kleinzureden.
Ich glaube, mit dem gefühlten Aussterben der in Deutschland verfügbaren
Großverlagsanthologien wurde die Szene stark auf sich selber konzentriert,
gewissermaßen unter der Eigengravitation der Autorendichte – ich hörte mal, es
gäbe mehr Autoren als Leser – kollabiert. Trotzdem nehme ich deutliche
Anzeichen von Leben wahr.
Michael Schmidt:
Noch ein Wort an die Meute dort draußen!
Frederic Brake: Lest!
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