Saramee - Schattenspiele


Naarson Gaad hat nur einen Wunsch, er möchte den Kampf zwischen Gorg und Balesh in der “Nassen Feder” sehen. Doch stattdessen findet er in dem unterirdischen Labyrinth Saramees einen seltsamen Stein. Und fortan ist er im Blickpunkt der Schattengilde, ist doch dieser Stein das Objekt ihrer Begierde …

Erschien ursprünglich als Band 5 der Serie Saramee im Atlantis Verlag.

Leseprobe:


Hamen Johrt haderte mit seinem Schicksal. Was hatte ihn nur in diese verfluchte Stadt getrieben? Saramee war überfüllt von Menschen, Adyras, Jinjend und sonstigem Gesocks. Ein wahres Sammelsurium an Völkern, ein buntes Bild, das ihm förmlich in den Augen brannte. Er hasste alle Nichtglisk. Es gab nur ein wahres Volk. Und das waren die Glisk aus den Hochmooren des Königreichs Kantras. Ein Seufzer entfuhr seinen breiten Lippen.
Kantras, oh du herrliche Heimat. Kantras, mein geliebtes Land. Wann sehe ich dich wieder? Rieche deinen einzigartigen Geruch? Fühle deine Weite, sehe deine Farben, weide mich an deiner Landschaft. Und deine saubere Luft.
Nicht dieses stinkende, widerwärtige Loch, Heimatstatt und Anziehungspunkt für Meuchelmörder und Diebe.
Saramee, du vor Dreck starrendes Loch, wie hasse ich dich. Und doch muss ich bleiben. Die hundertelfte Woche. Hundertelf quälende Wochen. Trockenzeit, Regenzeit, und wieder Trockenzeit.
Saramee, du stinkendes Loch.
Mit Kantras ging es immer weiter bergab. Immer weniger Arbeit, so hatte Hamen Johrt wegziehen müssen, um seinen Lebensunterhalt in der Fremde zu bestreiten. Viele seiner Freunde durften bleiben, doch ihn traf das Schicksal. Er war ohne Weib und hatte auch keinerlei Alten, die auf ihn angewiesen waren. So hatte ihn die Gemeinschaft der Glisk weggeschickt, schließlich war er ohne Nutzen für die Allgemeinheit. Ein kleiner Trost, er war nicht der einzige in seinem Dorf. Zu siebt waren sie nach Saramee gekommen. Vor mittlerweile hundertelf Wochen. Doch er war der einzige, der überlebt hatte.
Saramee, du Grabstein für meine Begleiter. Saramee, du tödliche Falle für jeden rechtschaffenen Glisk. Du bist das Zentrum der Dekadenz. Das Heiligtum der Verbrecher und Mörder. Saramee, wie ich dich hasse.
Immer noch sparte er, knappste immer ein Stück von seinem kargen Lohn als Steinhandwerker ab, um genügend zu sammeln, damit er zurück in seine geliebte Heimat konnte.
Kantras. Oh, du schönes Land.
Der Tag war anstrengend gewesen. Die elfte der zweiundzwanzig Stunden eines Tages war gerade vollendet, bis zum Sonnenuntergang dauerte es noch geschlagene vier Stunden, erst dann konnte er seinen Feierabend genießen. Gerade kam er von einem Kunden, dem er ein Selbstportrait in Stein gemeißelt hatte. Prüfend wog er den Beutel voll Bai in seiner Hand.
Sollte er das Geld nehmen und seine geliebte Heimat aufsuchen? Nicht mehr warten, einfach sein Glück in die Hand nehmen und seiner ungestillten Sehnsucht folgen?
Er bewegte die ledrigen Schuppen seiner Haut, leckte die Zunge über die breiten Lippen, während er den Gedanken prüfte und wendete, ihn nach einem Für und nach einem Wider abklopfte.
Nein, entschied er bedauernd. Es war einfach nicht genug. Wenn er das Ersparte dazu rechnete kam er gerade mal bis zu sein Heimatdorf, mit dem wenigen Geld in den Händen, das übrig blieb, würden sie ihn sofort wieder hinfort jagen. Schande würde über ihn kommen. Schande über den, der hundertelf Wochen in der Ferne malochte und dann doch mit leeren Händen wiederkam.
Hamen Johrt sah auf, als ein Schatten in sein Gesichtsfeld fiel. Erstaunt sah er den dicken Menschen vor sich an. Die kleinen braunen Augen verschwanden fast unter den dicken Wangen, doch Hamen Johrt sah die Gier und die Kälte, die darin nisteten. Die breiten Lippen formten einen Kreis und sandten ihm einen Gruß. Der Kopf war kahl und groß. Hamen Johrts Blicke wanderten den feisten Körper hinunter und verharrten auf den Händen. Die Stimme des Mannes riss ihn aus seinen Überlegungen.
„Hallo! Ich heiße Dom und ich habe eine Überraschung für dich.“
Was will der mit diesem riesigen Messer?
Sein letzter Gedanke, dann traf ihn die Klinge und erlöste ihn von der Sehnsucht nach Kantras.

 



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