Nebelige Melodien (Interview)
Michael: Hallo
allerseits. Was steckt hinter »Nebelmelodie«?
Marianne:
Eine Anthologie, bei der die Autoren von der Musik eines Künstlers inspiriert
wurden.
Tedine:
Was hinter jedem Nebel steckt: Aufregende neue Welten, ungehörte und unerhörte
Geschichten, mal melancholisch, mal spannend, mal ironisch pointiert.
Michael: Die Geschichten
wurden durch Inspiration der Band PelleK geschrieben. Warum PelleK und könnt
ihr uns die Band mal kurz vorstellen?
Marianne:
PelleK ist ein Einzelkünstler, der auch in Bands singt. Er heißt Per Fredrik
Åsly mit bürgerlichem Namen und hat ein Stimmvolumen, das über vier Oktaven
geht. Auf Youtube kann man sich eine Menge seiner Musik anhören.
Tedine:
PelleK ist ein norwegischer Singer, Songwriter und Schauspieler mit einem
schlicht umwerfenden Stimmumfang. Er lässt sich nicht festlegen, erfindet sich immer
wieder neu, und so sind besonders seine eigenen Songs voll Überraschungen – einmal
bombastischer Speed Metal, ein anderes Mal ein ironischer »Ohrwurm«, dann
wieder epische Melodien für verträumte fantastische Texte. In einer Phase, als
wir seine Alben »rauf und runter« hörten, fielen uns viele unterschiedliche
Storys ein – die wollten wir mit Freunden und Kollegen teilen, und so kam es zu
der Anthologie.
Michael: Was
bietet die Anthologie? Sind das Fantasystorys oder eher SF bzw. Horror?
Marianne:
Fantasy und SF würde ich persönlich sagen, allerdings nicht immer unblutig.
Tedine:
In der Hauptsache ist es Fantasy, wobei wir diesen Begriff sehr weit fassen
möchten. Die Anthologie hat eine große Bandbreite, wir haben den Autoren
absichtlich sehr freie Hand gelassen, was die Länge und den Inhalt der
eingereichten Storys betraf. Wir waren einfach gespannt darauf, was passieren
würde … und so haben wir von epischen Fantasywerken über nordische Märchen bis
hin zu kurzer, hintergründiger SF alle möglichen Stilrichtungen vertreten.
My.:
Nein, nein, das ist SF. Eindeutig SF. Oder … na gut, einigen wir uns auf
Fantastik. Es sind im Grunde alle fantastischen Stilrichtungen vertreten – und
oft genug miteinander zu einer interessanten Melange vermischt.
Michael: Bevor man
ein solches Projekt wie die »Nebelmelodie« startet, hat man ja gewisse
Vorstellungen. Sind eure Vorstellungen erfüllt worden? Was wich besonders stark
von den Erwartungen ab?
Marianne:
Bei mir war es jetzt die vierte Anthologie, in der es um Musik ging (nach
»Enter Sandman«, »Was geschah im Hotel California?« und »p.graffiti«, alle bei
p.machinery erschienen). Von daher habe ich ein breites Spektrum erwartet. Mich
persönlich überraschte, dass viele Geschichten so tiefgründig sind und dass es
wirklich Geschichten gab, bei denen man die Liebe der Autoren zur Musik
erkennen konnte (»Leba« von Felix Woitkowski zum Beispiel oder »Der Blues von
Babylon« von Enzo Asui). Gefreut habe ich mich über den Nebel der in so vielen
Geschichten eine Rolle spielte, dass er zur Titelgebung beitrug.
Tedine:
Manche Geschichten waren überraschend – wir kannten ja alle Songs, aber zu
welchen Inspirationen sie geführt haben, hätten wir mitunter nicht gedacht.
Dass wir von allen Autoren sehr hochkarätige Geschichten bekommen würden,
wussten wir natürlich … ;-)
Michael: Jeder
hatte ja ein Lied zur Auswahl. Hat euch die Auswahl der Autoren überrascht und gab
es Favoriten bei den PelleK-Songs?
Marianne:
»Don't belong« ist am häufigsten gewählt worden, vier Mal. Wenn ich ehrlich
bin, habe ich nicht überprüft, ob ich die Titel von den Autoren erwartet habe.
Müsste ich vielleicht direkt mal nachholen. ;-) Allerdings war ich auch nicht
überrascht, dass wir – Michael und ich – den gleichen Titel (»Reason and Psychosis«)
gewählt haben. (Wir zwei haben einen ähnlichen Musikgeschmack.)
Tedine:
Ja, es gab Songs, die doppelt oder dreifach vergeben wurden, wobei wir in
diesen Fällen die Autoren gebeten haben, sich kurz über die geplanten
Geschichten zu verständigen, damit diese nicht zu ähnlich ausfallen würden. Das
war aber nirgends der Fall – gerade die Wahl desselben Songs führte zu ganz und
gar unterschiedlichen Storys. Anna Exels Songauswahl war überraschend – sie
wählte nämlich die rein instrumentalen Titel.
Michael: Wer ist
denn alles in dem Buch vertreten?
Marianne:
Simone Komosinski, Arndt Waßmann, Arno Endler, Axel Kruse, Enzo Asui, Heather
Millicent Hauks, Susann Obando Amendt, Achim Stößer, Sven Klöpping, Andreas
Flögel, Anna Exel, Bettina Ferbus, Frederic Brake, Felix Woitkowski, Tedine
Sanss, Paul Sanker, Marie Haberland, Gabriele Behrend, Christian Künne,
Franziska Meersburg und Galax Acheronian. Darüber hinaus du, Michael – und ichselbst.
Michael: Wie das bei Anthologien so ist,
gibt es bestimmt ganz unterschiedliche Geschichten mit völlig unterschiedlichen
Herangehensweisen. Welche Geschichten haben euch besonders beeindruckt? Könnt
ihr kurz beschreiben, warum?
Marianne:
Ich persönlich fand die Geschichte von Simone Komosinski »9 Uhr 07«, übrigens
ihre erste Veröffentlichung, sehr geschickt gewoben. Es ist nicht auf den
ersten Blick zu erkennen, um was es in Wirklichkeit geht. Ich denke, von dieser
Autorin darf man noch einiges erwarten. Ebenso verhält es sich mit Marie
Haberland. Auch ihre Geschichte »Automaten« hätte ich, ohne zu wissen, wer
Marie ist (eine Schülerin von achtzehn Jahren) wohl eher einer erfahreneren
Autorin zugeschrieben.
Tedine:
Simone Komosinskis Story ist ein »Erstlingswerk«, und es ist schon
beeindruckend, wie differenziert und vielschichtig sie ausgefallen ist. Achim
Stößers »Hunderttausend Jahre Einsamkeit« ist ein faszinierender historischer
Parforceritt. Und mit Heather Millicent Hauks' »Tiger! Tiger!« ist sogar das
erste Kapitel eines Romans in die Anthologie geraten.
My.:
Ich habe gleich vier Favoriten ausgemacht, die ich in absteigender Reihenfolge
benennen möchte: Achim Stößers »Hunderttausend Jahre Einsamkeit« ist für mich
die beste Geschichte, gefolgt von Heather Millicant Hauks’ »Tiger! Tiger!«
Bemerkenswert sind im Übrigen auch Gabriele Behrends »Das Kind des
Steuermannes«, eine Geschichte, die Gabriele so langsam zu einer Art Rosamunde
Pilcher der SF macht – wobei das im allerpositivsten Sinne gemeint ist –, und
letztlich Marie Haberlands »Die Automaten«.
Michael: Warum
sollten potenzielle Leser gerade zur »Nebelmelodie« greifen?
Marianne:
Weil sich hier eine erstaunlich große Anzahl von guten Geschichten findet.
Natürlich wird jeder Leser wieder andere Favoriten haben, aber enttäuscht sein
wird sicher niemand.
Tedine:
Weil diese Anthologie mehr als nur gute Unterhaltung bietet. Es sind viele
Storys darin enthalten, die noch lange nachklingen.
My.:
Weil wir sicher wissen, dass Dirk van den Booms Verkaufsschlachtruf »Kauft mein
Buch!« auch bei diesem Werk seine volle Berechtigung hat.
Michael: Von wem
stammt das Titelbild?
Marianne:
Galax Ancheronian, der seine Aufgabe super gelöst hat.
Tedine:
Von Galax Acheronian, der auch eine herausragende Geschichte beigesteuert hat –
beim Lektorieren hatten wir das Gefühl, die Keimzelle eines Romans vor uns zu
haben, und genau so ist auch das Titelbild: vielschichtig, hintergründig und
voll Spannung.
My.:
Galax hat auch ein wenig an dem Werk »arbeiten« dürfen, es gab mehr als einen
Entwurf, bis alles richtig passte, nicht nur, aber auch von der Bildaufteilung
unter Berücksichtigung der notwendigen Titelei her.
Michael: Nach der
Anthologie ist vor der Anthologie. Sind weitere Projekte in Planung und wenn
ja, könnt ihr kurz den Schleier lüften und uns ein wenig die Nase lang machen?
Marianne:
Ich möchte als nächstes eine Anthologie herausgeben, bei der die Autoren sich
von Bildern inspirieren lassen sollen, erste Zusagen habe ich schon im Sack.
;-) (Wenn mein Verleger, der eigentlich nur Hochformate mag, sich etwas
einfallen lässt.)
My.:
Wer sagt denn, dass ich nur Hochformate mag … J
Tedine:
Die Anthologie war schon ein großes Projekt und nur mit viel Unterstützung zu
schaffen. Irgendwann haben wir bestimmt wieder Lust auf etwas Ähnliches – das Schreiben
unter der Inspiration durch Songs gefällt uns persönlich besonders gut, und den
Autoren, die teilgenommen haben, offensichtlich auch. Konkretes ist im
Augenblick aber nicht geplant.
Michael: Zuletzt
noch die Frage, wo das Buch zu beziehen ist und wie viel es kostet.
My.:
»Nebelmelodie« ist direkt beim Verlag, im Buchhandel (auf Bestellung) und in
den bekannten Onlineshops – inklusive Amazon natürlich – zu bekommen. Das
Paperback kostet EUR 12,90, das E-Book gibt es (via bookrix) in allen gängigen
E-Book-Shops für EUR 6,49. Was für einen 400-Seiten-Wälzer sicher auch
angebracht ist.
Tedine
Sanss & Marie Haberland (Hrsg.)
NEBELMELODIE
Inspiration
PelleK
AndroSF
53
p.machinery,
Murnau, Februar 2016, 432 Seiten, Paperback
ISBN
978 3 942533 81 2 – EUR 12,90 (DE)
eBook:
ISBN 978 3 7396 3847 8 – EUR 6,49 (DE)
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