Schubladen

Tja, manche Leute haben mehr Schubladen als Hirn, aber per se ist eine Schublade ja nicht unbedingt was schlechtes.
Man stelle sich eineMenge Zeug auf einem großen Haufen vor. Da findet man so schnell nicht, was man sucht. Um Ordnung in das unübersehbare Chaos zu bekommen, dafür nutzt man z.B. Schubladen und räumt damit ein wenig das Durcheinander auf.
Wenn man das auf die Literatur überträgt, teilt man die 100.000 Neuerscheinungen im Jahr in Bellestrik und Sekundärliteratur, in Phantastik und Nicht-Phantastik, wenn das auch nicht immer leidlich gelingt.
Jede Abgrenzung reizt zu Diskussionen und man kann sehr schön diskutieren, ob ein Werk SF, Horror oder Fantasy ist. 

Oft genug finden sich Nischen, die bald zu Segmenten anwachsen, die sich zwischen all die Stühle stellen und für sich ein eigenes Genre darstellen und Schnittmengen andere Genres bilden und auch und gerade über die konventionellen Einteilungen hinausgehen.
Die Welt wird bunt, die Schubladen unübersichtlicher und fortan gibt es Thriller, Weird Fiction, Steampunk, Dark Fantasy, Romancy und sogar ein Genre namens Vampir.
Die Literaturwelt (und auch die Musikwelt oder ganz allgemein die Industrie, denn um nichts anderes handelt es sich hier) strebt weiter nach Abgrenzung und schon gibt es Cyberpunk, Biopunk oder Majapunk. Das Ego wird größer, die Inhalte übersichtlicher und spezieller. Siehe das Interview mit Jeffrey Thomas und seine Einlassungen zur New Weird.
Aus der an sich lobenswerten Gliederung wird erneut ein unübersichtliches Chaos mit Querverweisen zu Querverweisen. 
Aber das ist ja nur die thematische Seite der Sache.

Abgrenzung funktioniert auch über Ausgrenzung. Sprach Andreas Eschbach, es wäre ein Unterschied ob man Schriftsteller oder Autor wäre.
Das eine ein professioneller Schreiber, ein Beruf, das andere einer der vielzähligen Schmierfinken, so könnte man es intepretieren wenn man sich die Vielzahl an Äußerungen etablierter Autoren anhört, die sich auf Grund ihrer Verkausfszahlen als literarisch wertvoller bzw. anerkannter einordnen und so von dem Heer der mittellosen Schreiber abgrenzen.
Man ist also Holzklasse, sozusagen per Mufti der erfolgreichen Autoren verordnet. 
Aber der Weg geht auch in anderer Richtung.
Man unterscheidet zwischen Großverlag und Kleinverlag, zwischen Kleinverlag und Kleinstverlag.
Manche unterscheiden noch ganz anders.
Ich bin das arme Wesen, Teil einer Gemeinschaft, unterdrückt von der bösen Buch-;Mafia und sage euch, WIR SIND AUCH WAS WERT.

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Dafür gibt es den Spiegel-Post

Moment...ging es nicht um Literatur? Um Worte, um Geschichten, um Geschmack?

Ich befürchte, da bin ich doch zu altmodisch für. Im Zentrum sollte immer das Werk stehen, nicht der Verfasser. Auch wenn das augenscheinlich nicht mehr im Trend liegt.
Ich bin mir aber sicher, auf Dauer wird sich das Werk wieder durchsetzen. Egal wie schön die Verpackung ist. Ob SP oder VA oder was für eine Scheiße auch immer.



Kommentare

  1. Ich fühle mich unrichtig wiedergegeben. Meiner Erinnerung nach wurde ich gefragt, ob ich einen Unterschied zwischen dem Begriff "Autor" und dem Begriff "Schriftsteller" mache, worauf ich erwiderte (und heute noch erwidern würde), dass ich die Begriffe meistens synonym verwende, allenfalls mit "Autor" eher den Aspekt der Urheberschaft anspreche (jeder Text hat einen Autor resp. eine Autorin), mit "Schriftsteller" eher den beruflichen Aspekt (man "stellt Schrift her") angesprochen sehe.

    (Übrigens fand man vor, na, hundert Jahren oder so den Begriff "Schriftsteller" herabwürdigend. Thomas Mann hätte sich dagegen verwahrt, so genannt zu werden, hat mir mal jemand versichert, der sich damit auskennt.)

    Mit Ausgrenzung hatte das alles nichts zu tun, und ganz bestimmt bin ich nicht jemand, der auf Selfpublisher herabblickt - im Gegenteil, das finde ich eine der faszinierendsten Entwicklungen der Gegenwart.

    Und ob jemand ein "Schmierfink" ist, entscheidet für mich nicht, wo derjenige veröffentlicht und wie viel er verkauft, sondern, was er SCHREIBT.

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  2. Ich wollte auf keinen Fall jemanden ins falsche Licht stellen. Ich hatte es aus der Erinnerung so, dass die Abgrenzung zwischen "der eine verdient damit", der andere "schreibt halt" getätigt wurde. Die Interpretation "Schmierfink" war dann natürlich meine eigene. Das ändert aber nicht daran, dass die Unterscheidung Erfolg (guter Autor) zu kein Erfolg (wie man diese Person jetzt auch immer nennen will) keine qualitative und daher wenig zielführend ist. Was nichts daran ändert, das Verkaufszahlen eine messbare Größe sind, literarische Qualität (oder ihr Mangel) dagegen nicht.
    Ich habe den Satz aber jetzt ein wenig angepasst, er ist tatsächich missverständlich.

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