Top of the Pops


 Ein Haufen Geschichten haben sich im Laufe der Zeit angesammelt. Geschichten  verschiedenster Genres, verschiedenster Art. Zeit genug, die Geschichten Stück für Stück zu präsentieren:

Top of the Pops erschien 2013 in Web-Site-Stories 1/2003, einem schmalen Band mit phantastischen Geschichten. Der Verlag hieß Web-Site und hat schon lange das Zeitliche gesegnet. Die wenigsten werden ein Exemplar ihr Eigen nennen.

Im Zuge der E-Book Revolution erschien die Story auch in meiner Sammlung Teutonic Future Ende 2011, die gedruckte Variante erschien 2015

Top of the Pops

 Propaganda im Rundfunk der Heiligen Kirche des Neuen Glaubens:

Verehrte Gläubige, aus Anlass seines hundertsten Einsatzes senden wir heute live aus dem Cockpit das Tagebuch von unserem Rekordhalter Sven, THE GUN. Wie uns THE GUN vorab in einem Exklusivinterview mitteilte, glaubt er, seine Rekorde noch ausbauen zu können. Drücken wir ihm die Daumen!

Wie gewohnt gibt es zu einem solchen Anlass wieder zahlreiche Gewinnspiele. Diesmal können Sie THE GUN-Spielzeuggleiter, THE GUN-Figuren, THE GUN-Trikots und THE GUN-Kaffeetassen gewinnen. Und wer die folgende Frage beantwortet: Wer ist hinter THE GUN der Zweite in der ewigen Bestenliste? gewinnt ein zweistündiges Zusammensein mit THE GUN

Und jetzt live in das Cockpit von THE GUN...

 

Ich steige in die enge Kanzel des Raumjets, strecke die Beine aus und bringe mich in Position. Glücklicherweise besitze ich eine kleine und schmächtige Statur, ansonsten hätte ich ernsthafte Platzprobleme. Doch in der Regel achtet man darauf schon bei der Auswahl der Piloten, die körperlichen Anforderungen sind ein K.-o.-Kriterium

Und wer im Laufe der Zeit gedenkt, körperlich aus der Form zu geraten, bezahlt dies mit Bodendienst, im Wiederholungsfalle für immer. Dies ist auch nötig. Die Anforderungen sind hoch, denn die durchschnittliche Lebenserwartung der Piloten beträgt gerade einmal drei Monate.

Trotzdem bewerben sich jedes Quartal Tausende junger Männer und Frauen für eine Ausbildung als Jetpilot, obwohl die Konsequenzen jedem bekannt sind. Man glaubt es kaum, aber es gibt nur wenige größere Städte, in denen nicht eine Straße meinen Namen trägt. Und das macht mich stolz.

In welchen Kampf ich ziehe?

Wir kämpfen gegen die Menselijk, menschenähnlichen Außerirdischen, die vor langer Zeit in unser Sonnensystem kamen. Äußerlich uns ähnlich, doch von gänzlich anderer Mentalität, kam es erst zu einem brutalen Krieg, der dann stellvertretend von einigen wenigen Menschen und Menselijk ausgetragen wurde.

Je zweihundert Raumjets bekämpfen sich zwei Wochen lang, bis eine Seite keinen Raumgleiter mehr in die Schlacht schickt bzw. so weit unterlegen ist, dass der Rest kapituliert. Wobei der einzelne Menselijk keine Kapitulation kennt, nur den Kampf bis zum bitteren Ende.

Für jede gewonnene Runde gibt es einen zusätzlichen Raumgleiter. Man muss sich nur eine ausreichend große Übermacht erarbeiten, doch hat es noch keine Seite auf mehr als fünfzig Gleiter Vorsprung gebracht. Um diesen dann postwendend wieder zu verlieren.

Doch wir sind auf einem guten Weg. Unser Vorteil beträgt achtundzwanzig Jets, das ist der größte Vorsprung seit langem.

Diesmal werden wir es schaffen, unseren Vorsprung uneinholbar auszubauen. Wir werden den Endsieg erreichen und meinen Rekord für die Ewigkeit festlegen. Die Menselijk aus der Milchstraße schießen.

Doch so weit ist es noch lange nicht. Das Kampfglück ist launisch und selten vorhersehbar.

Die Einschaltquoten sind enorm. Durch die Übertragungsrechte hatte die Heiligen Kirche des Neuen Glaubens für immer aus gesorgt. Spötter behaupten sogar, dass dies der Zweck ihrer Gründung gewesen sei.


Ich bin der Star, der beste genveränderte Raumsoldat aller Zeiten. Scharenweise fallen meine weiblichen Fans in Ohnmacht, wenn ich meine Einsätze fliege. Meine Fanpost wimmelt von eindeutigen Angeboten, was mich mit Stolz erfüllt, wenn ich auch keinerlei Interesse an ihnen habe.

Gereimte Liebesbeweise, Fotos von nackten Mädchen und ihre niedergeschriebenen Fantasien. Eine Frau wollte sogar in meinem Jet mitfliegen und mich während des Wettkampfes vernaschen...

Meine Konditionierung verhindert aber dementsprechende Neigungen, bei der Auswahl meiner Eigenschaften haben sexuelle Aspekte keine Rolle gespielt. So habe ich weder Erfahrung mit dem weiblichen Geschlecht noch Sehnsucht nach ihm. Der vielzitierte männliche Sexualtrieb ist mir fremd. Trotzdem genieße ich auch diese Art von Ruhm.

Mein komplettes Leben wird von den Wettkämpfen bestimmt, die Zeit dazwischen nutze ich zur vollständigen Regeneration. Es gibt kaum einen körperlichen Schaden, den die Ärzte und ihre Tanks nicht wieder in Ordnung bringen.

Die Pilotenkuppel schließt sich. Meine Psychokonditionierung funktioniert einwandfrei, der Heiligen Kirche des Neuen Glaubens sei Dank, daher beschränkt sich meine Vorfreude auf ein sanftes Hochgefühl, es gilt einen klaren Kopf zu bewahren.

 

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