Walburga
Grell leuchteten Blitze durch die trübe Fensterscheiben. Die
Läden klapperten im Sturm und das ganze Haus schien zu ächzen. Es war kurz vor
Mitternacht und der buckelige Alte war durch ein Geräusch wachgeworden und
stieg mürrisch aus dem Bett. Bei dem Krach konnte sowieso keiner schlafen.
Hier, nahe des Rhyn, pfiff der Wind besonders schlimm und durch die undichten
Fenster pfiff die Kälte ins Zimmer. Er stand auf, verließ sein Schlafzimmer und
setzte sich in den verschlissenen braunen Sessel. Umständlich entfachte der die
Holzscheite in dem Kamin und genoss die Wärme, die sie ausstrahlten. Er
versuchte leise zu sein um die Kleine nicht zu wecken. Wenn sie erst einmal
schlief sollte es auch so bleiben, es war schwierig genug, denn sie kam nur
schwer zur Ruhe, seit ihre Mutter vor ein paar Tagen gestorben war und er sie
bei sich aufgenommen hatte. Das alte Haus, in dem er wohnte, ächzte und
knarzte, und die Trauer des Kindes tat sein Übriges.
Seine Nichte Julia war ein Engel und erinnerte ihn permanent
an seine verstorbene Schwester Katrin. Auch er trug schwer an dem Verlust, sie
hatten immer ein enges Verhältnis gehabt. Er, der wesentlich ältere Bruder, und
die jugendlich frische Dame, die ohne Mann ihr Kind groß zog. Dass er jetzt
versuchte groß zu ziehen.
Ein Geräusch weckte seine Aufmerksamkeit. Er hob den Kopf,
der schon an die Brust gesunken war. Man merkte, er war doch müder als er sich
eingestand.
Die Holzscheite brannten lichterloh. Eine angenehme Wärme
breitete sich aus. Die Feuerzungen leckten nach vorne, bildeten Arme, die sich
zu Fingern verjüngte, die nach ihm griffen.
Was ist das?, dachte er
erschrocken. Tatsächlich, es sind Arme.
Verdutzt erkannte er, dass den Armen ein Körper folgte und
die Feuerlohe Kontur annahm. Eine großgewachsene Gestalt mit einem Wolfgebiss
löste sich von den Holzscheiten.
Ihm wurde eiskalt. Das Herz stockte und er wagte nicht zu
atmen, als die Feuergestalt nach vorne trat, aus dem Kamin heraus und in
wenigen Schritten die Distanz zu ihm überbrückte. Er wunderte sich noch, dass
die Fußabtritte den Teppich nicht entflammten.
Dann wurde aus der Kälte, die ihn gefangen hatte, eine
unerträgliche Hitze. Die Schreie, die er vor Schmerz ausspie, wurden von der
Flammenwand erstickt, die ihn bis auf die Knochen verbrannte.
Doch das merkte er schon nicht mehr.
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